Die Angst vor Armut nährt die Geld-Dysmorphie
Angeblich betrifft sie besonders die Millennials und Gen Z, aber treibt das Gefühl nicht alle Jahrgänge um, die die Rente noch vor sich haben? Geld-Dysmorphie, die Angst vor finanziellem Mangel – und zwar ganz unabhängig davon, ob sie berechtigt ist oder nicht. Doch warum haben wir diese große Furcht, dass unser Geld (trotz Job) nicht reicht? Und wie kann sich eine gestörte Wahrnehmung unserer finanziellen Verhältnisse in unseren Köpfen festsetzen?
Laut einer Studie von Credit Karma, einem amerikanischen Unternehmen für persönliche Finanzen (gehört zu Intuit), gaben 43 % der Generation Z und 41 % der Millennials an, dass sie unter einer fehlerhaften Wahrnehmung ihrer Finanzen leiden.
Unsicherheit als Phänomen unserer Zeit
Wir lesen, hören, sehen täglich, wie unsicher unsere Welt geworden ist. Krachende Börsenkurse, Pandemien, Altersarmut, unsichere und niedrige Renten, Insolvenzen, schwierige wirtschaftliche Prognosen – das klingt nach reichlich finanziellem Pessimismus, oder? Begründet oder nicht, solche News tragen sicher nicht zur Stimmung bei. Die Vergleichskultur auf Social Media tut ein Übriges: Influencer:innen bauen sich Millionenvillen, machen Weltreisen, zeigen neue Outfits, ein durchgestyltes Interior und keine sorgengeprägten Stirnfalten. Sind etwa alle reich – außer ich? Schnell vergessen wir, dass die Realität jenseits von Instagram im Durchschnitt ganz anders aussieht.
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Generation fagil?
Ist nur unsere Vergleichskultur schuld am Dilemma? Oder stimmt es, was Kritiker:innen sagen: Sind die Millennials und Gen Z gar die Generation, die gar nicht mehr lernt, mit Geld umzugehen? Die den Wohlstand der Eltern als erste in der Geschichte nicht mehr übertrumpfen kann? Die Gefahren lauern heute schließlich überall: In Zeiten, in denen sich pay-later als Standard-Bezahlmethode etabliert, man sich dank hoher Immobilienpreise und gestiegener Kreditzinsen kein Haus oder keine Eigentumswohnung mehr leisten kann, gleichzeitig die Altersvorsorge auf den eigenen Schultern lastet, die Kosten für Krankenversicherung, Energiepreise und Lebenshaltung stetig steigen, scheint die finanzielle Zukunft ungewiss. Kein Wunder, dass man da ins Schwanken kommt.
Die Qual der Geld-Dysmorphie – aber was kann helfen?
Die Gefahr daran: Wer unter Druck steht, Angst hat oder sogar panisch wird, trifft oft keine guten Entscheidungen. Spart zu viel (ja, auch das kann einem das Leben schwer machen) oder zu wenig, investiert zu zögerlich oder riskant. Was hilft, da wieder herauszukommen? Eine gute Beratung von Finanzexpert:innen zum Beispiel. Jemand, der nichts verkaufen möchte, sondern den monetären Status quo checkt und zu nachhaltigem Vermögensaufbau berät. Außerdem kann es helfen, mit Freund:innen über Geld zu sprechen, um das eigene Verhalten in Relation zu setzen. Wie viel verdienen andere in meinem Alter? Wie geben sie ihr Geld aus? Schnell kann man so feststellen, dass der finanzielle Pessimismus auf die eigene Situation übertragen vielleicht gar nicht angebracht ist. Was immer hilft: Digital Detox oder eine Neu-Ausrichtung der Profile, denen wir auf Social Media folgen. Wer einem permanent ein Gefühl des Mangels vermittelt, fliegt raus aus dem Feed! Davon abgesehen kann man auch Menschen im Real Life „entfolgen“, die einem nicht guttun. So können wir Schritt für Schritt an einem gesunden Money Mindset arbeiten. Schwierig: Wenn die Beschäftigung mit dem Thema Geld obsessiv wird und du dauernd dein Depot checkst. Financial-Balance ist so wichtig wie Work-Life-Balance. Besser ist es, sich eine sinnhafte Finanzstrategie zu erarbeiten und sie jährlich zu überprüfen: Funktioniert sie? Wie ist die Performance der Geldanlage? Hat sich etwas an der eigenen Situation geändert, sodass man z.B. Sparpläne oder Beiträge zur Rentenvorsorge erhöhen kann?
5 Schritte-Programm:
- Wie ist der Status quo? Auflistung aller Einnahmen und Ausgaben der letzten 6 Monate.
- Reality-Check: Ist es wirklich zu wenig? Wo liegt das durchschnittliche Einkommen für deinen Job bei deiner Berufserfahrung? Wie viel legen andere in Altersvorsorge an? Wie viel kannst du monatlich sparen und anlegen – zum Beispiel in ETFs?
- Finanzstrategie festlegen: Was planst du in den nächsten Jahren? Weltreise, Immobilie kaufen, Familie gründen, erstmal sparen? Wie möchtest du investieren? Höchste Zeit, sich mit der ETF-Suche und dem Thema Portfolio-Diversifikation zu beschäftigen. Oder willst du vielleicht in Gold oder Zertifikate investieren?
- Entspannung! Ist das erledigt, darfst du erst einmal wieder entspannen und dich mit anderen Dingen beschäftigen.
- Quartals- oder Halbjahres-Check: Geht die Rechnung auf? Passt deine Strategie zu deinem Einkommen und deiner Lebenssituation?
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Negative Glaubenssätze in positive verwandeln
Drehen wir unsere eigene Wahrnehmung und gucken auf das, was wir haben, kann auch ein Gefühl von Dankbarkeit und Fülle entstehen. Negative Glaubenssätze, die sich vielleicht schon seit unserer Kindheit festgesetzt haben, können wir auch wieder loswerden!
Hier noch ein Buchtipp: Geld interessiert mich einfach nicht: Bullshitsätze über Finanzen und wie du dich von ihnen befreist – mit einem Vorwort von Birgit Schrowange. Das Taschenbuch der finanzielle-Chefredakteurinnen Astrid Zehbe und Daniela Meyer kostet 14 Euro.