Nachhaltiges Wachstum, 35-Stunden-Woche, gemeinsame Urlaube und als Unternehmen sehr erfolgreich: Wie das geht, zeigen die Gründerinnen von JACKS beauty line. Miriam Jacks und Lisa Buchholz sorgen dafür, dass ihr Team gesund bleibt, investieren lang fristig und gehen auch mal „zurück auf Los“. Ab 3. Februar 2025 hat die Brand übrigens einen eigenen Store in der Rotherstraße 16 in Berlin eröffnet! Im 260 Quadratmeter großen, lichtdurchfluteten Beauty-Spot in Friedrichshain kann man die hochwertigen Produkte der regional produzierenden Marke – vom Lippenstift bis zur Gesichtsmaske – jetzt ausprobieren und die individuelle Beratung der Beauty-Expertinnen vor Ort nutzen.
Gesundheit und Geld: In der Wirtschaft spielt heute beides eine große Rolle. Wie findet ihr in eurem Unternehmen da die richtige Balance?
Wie setzt ihr das ganz konkret um?
„Wir haben gelernt, dass weniger oft mehr ist“
Miriam Jacks und Lisa Buchholz, die Gründerinnen von JACKS beauty line Tweet
LISA BUCHHOLZ: Wir haben eine 35-Stunden-Woche, auf fünf Tage verteilt. Außerdem hat jede:r die Möglichkeit, den Freitag für Weiterbildung, Coaching und Workshops zu nut- zen. Es soll ein Tag sein, an dem man für sich selbst etwas tut, wie morgens mit einer Yogasession zu starten. Meetings abzusagen und auf sich zu achten, in sich hineinzuhorchen und zu schauen, was man braucht, um weitergeben zu können. MIRIAM: Es geht darum, Wachstum ganzheitlich zu betrachten und zu berücksichtigen, welche Menschen mit welchen Bedürfnissen und Stärken wir im Team haben. Viele Führungskräfte marschieren voran, ohne auf das Team zu achten. Ich habe unseren Mitarbeitenden gesagt: „Ich weiß, ich bin schnell und bringe viele Ideen ein, aber ihr dürft ein Veto einlegen, uns Feedback geben. Nur sind wir jetzt 50 Leute, da kann ich nicht mehr täglich mit jedem sprechen.“
Wie habt ihr dieses Wachstum bewältigt?
LISA: Wir haben externe Berater:innen hinzugezogen und das Unternehmen ganz neu strukturiert. Es gab zu der Zeit zum Beispiel 13 unterschiedliche Führungskräfte, die direkt mit uns kommuniziert haben. Das haben wir komplett neu justiert: Es gibt keine starren Hierarchien oder Titel mehr, unser Unternehmen ist jetzt wie ein großes Dorf. Jedes Team hat ein eigenes „Haus“ mit einer Ansprechperson. Und wir ziehen schneller die Reißleine, wenn etwas nicht funktioniert. Das kann schon mal Geld kosten und tut weh, aber bevor wir in eine falsche, ungesunde Richtung weitermachen, gehen wir lieber wieder zurück auf Start.
Wofür lohnt es sich noch, Geld auszugeben?
MIRIAM: Investiert in Coachings, Berater und gutes Personal! Ich habe lange gedacht: Wir haben kein Geld, daher müssen wir bei den Gehältern sparen. Also haben wir mit weniger guten Leuten gearbeitet und gedacht, das kriegen wir schon hin. Doch es war eine Qual.
LISA: Auch wenn es in dem Moment wehtut, so viel Geld in Personal zu investieren, bewahrt es einen doch vor vielen Fehlern. Als Chefin denkt man oft, man müsse besser sein als jede:r andere, aber das geht nicht. Man kann einfach nicht in jedem Themengebiet gut sein. Du brauchst Profis im Unternehmen. Sowie Hilfe von außen, wenn du mit deinem Business auf das nächste Level kommen willst.
Wie habt ihr anfangs euer Unternehmen finanziert?
M I R I A M : In erster Linie ist uns auch finanziell Selbstbestimmung wichtig. Ich habe 15 Jahre in dieses Unternehmen investiert, alles, was ich als Make-up-Artist verdient habe, da hineingesteckt und mir neun Jahre lang kein Gehalt ausgezahlt. Dann kam die Coronakrise und wir hatten Glück, dass wir mit unserer Marketingidee des Instagram-Live-Shopping richtig erfolgreich waren. Aber dieser Erfolg kam nicht über Nacht! Viele denken, wir hätten erst im Oktober 2021 mit vier Make-up-Produkten angefangen und jetzt schon zehn Millionen Euro Umsatz. Aber ich habe das zehn Jahre lang aufgebaut, Kontakte geknüpft, mir Wissen angeeignet. Es fehlte nur die Komponente Geld! Zum Glück haben wir unseren Produzenten Kryolan als Investor gewonnen. Er hat für 300.000 Euro zehn Prozent unserer Firma gekauft und die Produktentwicklung mitfinanziert. Zugleich sind wir sein größter Abnehmer. Das war eine super Entscheidung! Daher empfehle ich, im direkten Umfeld nach Geldgebern zu suchen, ob Business Angels oder Produzenten, die Interesse haben, eine Eigenmarke mit aufzubauen.
Was ein erfolgreiches Unternehmen auch immer braucht, sind gute Mitarbeiter:innen. Was ist euer Rezept, um gutes Personal zu finden?
I S A : Auch wir haben schon Menschen auf die falschen Positionen gesetzt. In Bereichen, in denen wir selbst stark sind, fällt es uns leichter, das richtige Personal auszuwählen. Anfangs taten wir uns beispielsweise mit E-Commerce- und Online-Performance-Marketing-Profis schwer, daher haben wir uns darin weitergebildet, um bessere Entscheidungen zu treffen. Miriam hat auch oft über Instagram nach neuen Mitarbeiter:innen gesucht. Das zog Fans der Marke an, die aber nicht immer die richtige Vorstellung von unserer Arbeit hatten. Im vergangenen Jahr haben wir daher eine Kollegin mit Recruiting-Expertise eingestellt, sie hat uns geholfen, die richtigen Leute zu finden und keine Schnellschüsse mehr zu machen. Heute gehen wir in der Regel über Empfehlungen, Jobportale und suchen nur noch für Einsteigerpositionen ab und zu auf Instagram.
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Inwiefern liegt es auch an der Führung, ob ein Team gut funktioniert?
MIRIAM: Das hängt zu 200 Prozent zusammen. Funktioniert etwas nicht, liegt es selten am Team selbst, sondern daran, dass wir als Chefinnen nicht richtig geführt haben. Das würde ich auch gern anderen Unternehmer:innen mitgeben: Viele beschweren sich über ihre Mitarbeitenden, wie schlecht alles läuft. Aber wenn Probleme auftreten, muss man sich zuerst fragen, was man dazu beiträgt, dass es nicht funktioniert, und dann an sich selbst arbeiten. Es ist zudem wichtig, dass wir vorleben, wie man Familie und Karriere unter einen Hut bekommt. Das Leben ist bunt, jeden Tag kann etwas Neues passieren! Uns ist wichtig, dass sich bei uns niemand zu Tode ackern muss. Unsere Mitarbeitenden sollen offen über ihre Wünsche und Ziele sprechen und sich bei uns entwickeln können. Das spüren auch die Kund:innen. Sie kaufen bei uns, weil sie wissen, wie viel Liebe darin steckt und wie viel wir für unsere Leute tun.
Wie würdet Ihr euren Führungsstil beschreiben?
MIRIAM: Als learning by doing. Wir haben viel ausprobiert und dann angepasst. Wir wollen immer locker und harmonisch sein, haben aber gemerkt, dass wir auch Strukturen brauchen. Es ist wichtig herauszufinden, was mit dem Team am besten funktioniert. Obwohl es immer heißt, man solle Distanz wahren, klappt es für uns momentan gut, dass wir alle eng befreundet sind. Wir fliegen als Team zusammen nach Mallorca, und geben unseren Mitarbeitenden viel Freiraum. Das funktioniert. Aber wer weiß, sind wir mal 70, 80 oder 100 Leute, vielleicht brauchen wir dann doch noch mehr Struktur und Bürozeit vor Ort.
LISA: Wichtig ist, Vertrauen zu den Mitarbeiter:innen zu haben. Wir sprechen mit ihnen offen über Emotionen, hatten schon einen Zyklusworkshop. Das wäre ohne persönliche Bindung nicht möglich. Unsere Mitarbeiter:innen haben Spaß, sind selten krank. Und geht es jemandem mal nicht gut, finden wir eine Lösung, wie etwa eine Auszeit.
Kann man das auch als junges Unternehmen?
MIRIAM: In dem Umfang ist es anfangs vielleicht nicht möglich, weil man noch nicht die finanziellen Mittel hat. Wir haben aber immer schon Teamevents organisiert, und wenn nur einmal im Monat. Mal haben wir bei mir im Garten gefeiert, mal waren wir im Restaurant. Oder ich habe Frühstückssachen gekauft und das Team ins Büro eingeladen.
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Was hat finanzielle Vorsorge mit Gesundheit zu tun?
MIRIAM: Früher dachte ich, Geld bedeutet Stress, aber das Gegenteil ist der Fall. Es bedeutet Freiheit. Früher habe ich ärztliche Vorsorge vermieden, weil ich dachte, das ist mir zu teuer. Doch wenn du dir ständig sagst, du kannst dir etwas nicht leisten, machst du dich selbst klein. Mit Geld kann ich mich besser um mich selbst kümmern. Und ich kann auch meinen Mitarbeitenden ein sorgenfreieres Arbeiten bieten.
Gestaltest du heute auch deine Arbeit gesünder?
Und wie geht es unternehmerisch weiter?
LISA: Wir wollen noch bekannter werden, mehr nach Amerika exportieren und den europäischen Markt weiter erschließen. JACKS beauty line soll noch mehr als eigenständige Marke erkannt werden, auch damit Miriam weniger präsent sein muss. Zudem möchten wir verstärkt in andere Marken investieren, ein House of Brands aufbauen. Ihr seht, wir haben noch viel vor!