Es gab kein Deo, das Judith Springer selbst verwenden wollte. Zu viele Aluminiumsalze, Parabene, Triclosan, Emulgatoren, Duftstoffe… Und so begann sie zu recherchieren, sich mit Wirkstoffen auseinanderzusetzen, auszuprobieren und ein eigenes Deodorant zu produzieren, das mit rein natürlichen Inhaltsstoffen und ohne jegliche Chemie so wirksam war, dass es Beautyexpert:innen komplett vom Hocker haute. Im Sommer 2016 brachte sie unter großem Applaus fine auf den Markt. Es folgten weitere Produktlancierungen: Inzwischen gibt es die Deocreme in sechs Duftrichtungen, drei Bodyseren und Parfümöl. Im letzten Jahr hat die Berlinerin sogar ein zweites Beautylabel gegründet: Lacueor. Eine Premium Organic Skincare für ein ganzheitliches Pflegeerlebnis mit zahlreichen Produkten: Seren, Cleansing Cream, Facial Mist. Was es damit auf sich hat, wie die Pandemie und ihre wirtschaftlichen Folgen auch ihr als Gründerin zusetzte und was sie Entrepreneuri:nnen rät.
Beauty-Pionierin Judith Springer im Gründerinnen-Interview
finanzielle: Judith, du hast als Erste ein natürliches, aluminiumfreies Deo entwickelt, das wirklich wirkt: fine. Es folgten nicht nur unterschiedliche Duftrichtungen, sondern auch zahlreiche Lancierungen weiterer Produkte. Erzähl mal von deinem Business. Wie lange bist du schon selbstständig? Wie viele Leute arbeiten in deinem Team?
Judith Springer: fine habe ich im Sommer 2016 auf den Markt gebracht. Im kommenden Sommer sind es also schon acht Jahre. Die Marke hat sich stetig weiterentwickelt, ich habe viele Ups- und Downs gehabt – und mich dadurch selber viel entwickelt. Aktuell besteht mein Team nur aus einer Mitarbeiterin, nachdem es vor Corona schon zwei waren.
Im letzten Jahr hast du noch ein neues Beautylabel gegründet. Wie kam es dazu?
Eine befreundete Kosmetikproduzentin hat mich kontaktiert, da sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr weitermachen konnte. Ich kannte ihre Marke und verkaufte sie bereits auch in meinem Onlineshop. Ich liebte damals schon diese Marke.
Als ich dann von ihr das Angebot bekam, da musste ich nicht lange überlegen. Es hat dann über ein Jahr gedauert, die ich damit zubrachte, die alte Marke komplett zu überarbeiten und neu zu denken. Alle Produkte sind upgegradet worden, neue dazugekommen. Das gesamte Design wurde verändert und auch der Name.
Wie unterscheiden sich deine “Babys” fine und Lacueor in der Ausrichtung voneinander?
Die Marken sprechen eine unterschiedliche Zielgruppe an, wenn gleich es natürlich eine Schnittmenge gibt. Fine ist auf einem hohen Niveau basic, Lacueor ist wirklich advanced. Von den Formulierungen her und von den Inhaltsstoffen. Lacueor ist einfach next level.
Was sind die größten Herausforderungen in der Beauty-Industrie?
Als kleine, unabhängige Marke zu bestehen und mit allen wirtschaftlichen Veränderungen klarzukommen. Seit der Pandemie wird es zunehmend härter, und man muss sich dauernd etwas Neues einfallen lassen. Es werden noch große Veränderungen auf mich zukommen, vielleicht schon dieses Jahr. Fakt ist, es werden sich Dinge ändern müssen.
Die letzten Jahre waren hart für Unternehmer:innen. Viele mussten Insolvenz anmelden. Wie bist du da durchgekommen?
Ganz ehrlich: ich bin noch mittendrin, und leider noch nicht durch.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ich bin in der Regel zwischen 10 und 16 Uhr im Büro, arbeite aber vorher und nachher oft von zu Hause vor bzw. weiter. Das geht alles so ineinander über. Im Büro mache ich alles, was so anfällt, die Onlineshop- und Bestellabwicklung macht in der Regel meine tolle Mitarbeiterin. Den Rest der Zeit verbringe ich mit Yoga, Meditation und meiner Familie. Nebenher habe ich mich gerade zum Psychic Reader fortgebildet. Wann immer ich es einrichten kann, stricke ich und arbeite an meinem neuen Hobby, dem Quilten. Am Wochenende bin ich im Labor und im Garten.
Was war dein größter Fail als Gründerin und was hast du daraus gelernt?
Mir von „Expert:innen“ einreden zu lassen, dass ich Excel-Tabellen machen muss, um mich richtig betriebswirtschaftlich aufzustellen. Ich liebe zwar Zahlen, aber irgendwelche Tabellen aufstellen und Sachen berechnen, das ist nicht wirklich was für mich, das langweilt mich. Ich muss mich da richtig zwingen. Ich brenne für das Kreative, fürs Gestalten und Machen. Den Rest überlasse ich gerne anderen.
Wie sorgst du als Selbstständige vor? Investierst du dein Geld? Wenn ja, in welcher Form?
Habe leider keinen Cent übrig, es fließt alles in die Firma.
Deine 3 Tipps für Gründerinnen, die gerade starten:
- Höre immer auf dein Bauchgefühl und lass dir nicht von anderen einreden, sie wüssten es besser. Es ist dein Baby.
- Du musst wirklich dafür brennen, ansonsten sind die Entbehrungen, Entbehrungen und nicht nur nebensächlicher Kram.
- Versuche so wenig Kompromisse zu machen, wie möglich. Gehe all in und strebe immer das Optimum an!
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