Chronoworking: die Zukunft der Arbeit
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Chronoworking: Ist das die Zukunft der Arbeit?

Morgens um acht am Schreibtisch? Für einige der Horror. Warum nicht einfach länger liegenbleiben? Wie Chronoworking nicht nur unsere Arbeitswelt, sondern unser Leben verändern kann.

Flexibel arbeiten nach dem Biorhythmus

Bist du eine Lerche oder eine Eule? Die Wissenschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiv mit dem Biorhythmus und Chronotypen wie Lerche (Frühaufsteher) und Eule (Spätaufsteher) beschäftigt. Die zentrale Erkenntnis: Der Chronotyp ist größtenteils genetisch bedingt, aber nicht völlig unveränderbar. 40–50 % des Chronotyps sind genetisch bestimmt. Doch die Tendenz, früh aufzustehen oder lange zu schlafen, verändert sich im Lauf des Lebens. So sind Kinder und Senioren sind tendenziell Lerchen und Teenager und junge Erwachsene eher Eulen. Wenn der eigene Biorhythmus dauerhaft verschoben wird, durch Schichtarbeit oder feste Arbeitszeiten, hat das negative gesundheitliche Folgen (zum Beispiel Schlafstörungen oder Burnout). Studien haben längst bewiesen, dass etwa ein späterer Schulstart für Jugendliche viel sinnvoller wäre. So empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) sogar einen späteren Schulbeginn – vor allem ab der Sekundarstufe I. Doch was ist mit der Arbeitswelt? Es gibt zumindest neue Untersuchungen, die eine höhere Flexibilität für Arbeitszeiten – abgestimmt auf den Biorhythmus – empfehlen. 

Was ist Chronoworking?

Chronoworking basiert auf der Erkenntnis, dass Menschen unterschiedliche Chronotypen besitzen – einige sind morgens besonders leistungsfähig, während andere ihre Hochphasen am Abend haben. Indem Arbeitszeiten an diese individuellen Rhythmen angepasst werden, können wir effizienter und gesünder arbeiten. Studien zeigen, dass die Berücksichtigung des Chronotyps zu höherer Konzentration, Motivation und geringerer Fehlerquote führt.

Arbeitszeiten: Die innere Uhr und die gesetzlichen Rahmenbedingungen

Die rechtliche Grundlage für Arbeitszeiten in Deutschland bildet das Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Es sieht tägliche Höchstarbeitszeit von acht Stunden vor, mit der Möglichkeit einer Verlängerung auf bis zu zehn Stunden unter bestimmten Bedingungen. Allerdings wird dieses Gesetz zunehmend als nicht mehr zeitgemäß betrachtet.

Im Dezember 2024 wurde im Bundestag ein Gesetzentwurf zur Flexibilisierung des Arbeitszeitgesetzes beraten. Der sieht vor, neue Abweichungsmöglichkeiten per Tarifvertrag oder durch Betriebsvereinbarungen zu schaffen, um neue Arbeitszeitmodelle zu ermöglichen. Ziel ist es, den Schutz der Beschäftigten zu gewährleisten und gleichzeitig unternehmerische Flexibilität zu fördern.

Politiker:innen fordern aktuell die Umstellung der Berechnung von Arbeitszeit. Sie wollen eine wöchentliche Höchstarbeitszeit festlegen, um den Anforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden. Arbeitnehmerverbände rufen zur Gegenwehr: In ihren Augen sei dies ein Freibrief für Arbeitgeber, frei nach Gusto über die Arbeitskraft der Beschäftigten verfügen zu können. In der Kritik steht allerdings nicht die Flexibilität, sondern das Aushebeln einer historischen Errungenschaft, des 8-Stunden-Tages.

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Hält uns Chronoworking gesund?

Kann Chronoworking tatsächlich die Zahl der psychisch bedingten Fehltage, die 2024 in Deutschland einen Höchststand erreichte, verringern? Die Wissenschaft ist sich sicher: Durch die Anpassung der Arbeitszeiten an den individuellen Biorhythmus können Schlafqualität verbessert, Stress reduziert und das allgemeine Wohlbefinden gesteigert werden. Langfristig könnte das auch Einfluss haben auf die größten gesundheitlichen Herausforderungen unserer Zeit: Krankheiten wie Demenz, Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall stehen nachweislich mit Schlafmangel in Zusammenhang.

Gleitzeit für alle, um den sozialen Jetlag zu mindern

In der Theorie klingt Chronoworking einfach: Jede:r sollte anfangen zu arbeiten, wenn sie oder er ausgeschlafen ist. Doch in den meisten Fällen müssen Arbeitszeiten festgelegt und koordiniert werden. Für einige Branchen eignet sich die flexible Methode offenbar nicht: Im Gesundheitswesen, in der Gastronomie oder Produktion wird’s schwierig. Eine Befürchtung von Kritiker:innen: Die Zusammenarbeit innerhalb und zwischen Teams könnte leiden. Außerdem hält sich hartnäckig das Bild in unseren Köpfen, wer erst um 10 Uhr anfängt zu arbeiten, schiebe eine ruhige Kugel. Doch es gibt Unternehmen, die bereits seit einigen Jahren Chronoworking testen und überzeugt davon sind: Der australische Software-Entwickler Atlassian setzt auf das „Work-Life Choice“-Modell mit flexiblen Zeiten, das US-amerikanische Unternehmen Bandwidth, ein Dienstleister für Cloud-Kommunikationssoftware, stellte mehr Effizienz durch Chronowork-Zeitpläne fest. In Deutschland gibt es erst wenige Projekte, die sich mit der chronotypoptimierten Personaleinsatzplanung (COPEP) beschäftigen. Die Klinik Wartenberg etwa hat die Chronotypen der Mitarbeitenden analysiert, um die Schichtpläne entsprechend anzupassen. Die Ergebnisse zeigten aber eine signifikante Verringerung der Tagesmüdigkeit und eine Steigerung der geistigen Fitness der Mitarbeitenden.

"Der Großteil der Menschen überschneidet sich mit seinem Schlafbedürfnis in einem bestimmten Stundenfenster. Es geht nur darum, ihnen die Freiheit zu geben, in ihren eigenen Mustern zu leben. Vielleicht muss man ein bisschen dafür umdenken. Aber das ist doch möglich."

Chronoworking könnte auch ein Werkzeug im Struggle um den Fachkräftemangel sein, und helfen, Top-Talente anzuziehen, die Flexibilität schätzen. Voraussetzung für das Arbeiten nach Biorhythmus: eine Kultur des Respekts und Vertrauens. Die wiederum fördert nachweislich Kommunikation und Zusammenhalt im Team.

Der Weg scheint noch weit, doch erste Schritte könnten zum Beispiel sein, Flexibilität an bestimmten Tagen zu erlauben, etwa montags und freitags. Oder Frühaufsteher:innen und Nachteulen im ersten Schritt zu ermöglichen, 1–2 Stunden früher oder später zu arbeiten.

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