Rechtsschutzversicherung - Brauche ich die wirklich?
Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Dinge – diese Erfahrung dürfte wohl jede:r schon einmal gemacht haben. Dagegen hilft dir leider auch keine Rechtsschutzversicherung, obwohl die Versicherungen das in ihrer Werbung häufig so darstellen. Deshalb sollten wir einmal ganz genau hinsehen: Brauche ich eine private Rechtsschutzversicherung wirklich? Und was konkret deckt sie überhaupt ab?
Wer schreibt hier?
Julia Alice Böhne ist Pressereferentin beim Bund der Versicherten und klärt für uns wichtige Fragen rund ums Thema Versicherungen. Als regierungsunabhängige Organisation vertritt der Bund der Versicherten e. V. (BdV) seit Gründung im Jahr 1982 die Rechte der Versicherten. Mit rund 45.000 Mitgliedern ist der Verein eine der wichtigsten Verbraucherschutzorganisationen Deutschlands.
Check die Leistungen der Rechtsschutzversicherungen!
Aber nicht nur deswegen ist eine Rechtsschutzversicherung aus Verbraucherschutzsicht eine eher unwichtige Versicherung. Bevor du dich der Frage widmest, ob du eine solche Police brauchst, solltest du zuerst wichtige(re) Risiken (wie das des Arbeitskraftverlusts oder die der Haftpflicht) absichern und auch die eigene Altersvorsorge unter Dach und Fach haben. Wie du deine Rentenlücke berechnen kannst und ob eine Altersvorsorge von der Firma eine gute Möglichkeit für dich ist, finanziell unabhängig zu werden, erklären wir dir hier. Auch interessant für dich, wenn du dich mit der Notwendigkeit von Versicherungen beschäftigst: Brauche ich eine private Unfallversicherung? Und wie sinnvoll ist eine Berufsunfähigkeitsversicherung für mich?
Verbraucher:innen, die eine Rechtsschutzversicherung abschließen, tun dies, um sich vor den Kosten aller möglichen Rechtsstreitigkeiten zu schützen. Das Berater-Team des BdV erlebt immer wieder, wie verblüfft Mitglieder sind, wenn sich im konkreten Fall herausstellt, dass eben dieser gar nicht von ihrer Rechtsschutzversicherung übernommen wird.
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Welche Versicherungen braucht man wirklich?
Versicherungen – habe ich da eigentlich alles, was ich brauche? Oder zahle ich für Policen, die ich mir sparen könnte? Das haben wir uns von einem Experten erklären lassen – und gleich auch ein paar Spartipps eingesammelt. Welche Versicherungen braucht man wirklich?
Es gibt zahlreiche Ausschlüsse, über die du dir vor Abschluss eines Vertrages im Klaren sein solltest. So übernimmt eine Rechtsschutzversicherung zwar die Kosten für die „Wahrnehmung deiner Interessen“ – also Kosten für den Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin, die Gerichtskosten, die Entschädigung für Zeug:innen und die Kosten der Gegenseite – ABER es gibt sehr viele Risiken, die nicht von der Rechtsschutzversicherung abgedeckt sind. Und das sind häufig genau diejenigen, vor denen du dich schützen willst.
- In den meisten Verträgen sind beispielsweise Familien- und Erbrecht ausgeschlossen.
- Gleiches gilt für Leistungen bei Rechtsstreitigkeiten um Hausbau, Baufinanzierung und Grundstückskauf/-verkauf.
- Auch für Streitigkeiten vor Abschluss der Versicherung oder innerhalb der vereinbarten Wartezeit besteht keine Abdeckung.
Wichtige Infos über Rechtsschutzversicherungen
Gut zu wissen: Eine Rechtsschutzversicherung, die alle Lebensbereiche abdeckt, gibt es nicht. Die Versicherung funktioniert nach dem Baukastenprinzip: Du kannst in der Rechtsschutzversicherung üblicherweise bestimmte Bausteine nach deinem Bedarf in einem Vertrag kombinieren. Gängig sind:
- Privat-Rechtsschutz
- Berufs-Rechtsschutz
- Verkehrs-Rechtsschutz
- Fahrzeug-Rechtsschutz
- Fahrer-Rechtsschutz
- Wohnungs- und Grundstücks-Rechtsschutz.
Tipp: Prüfe, ob deine Privathaftpflichtversicherung eine Forderungsausfallversicherung mit aktivem Rechtsschutz beinhaltet. Dann übernimmt die Privathaftpflichtversicherung auch die Kosten der Rechtsverfolgung, wenn du geschädigt wurdest und der oder die Schädiger:in nicht zahlen kann. Das kann beispielsweise dann nützlich sein, wenn du als Fußgänger:in von einem oder einer Fahrradfahrer:in auf dem Gehweg angefahren wurdest, der oder die selbst nicht haftpflichtversichert und finanziell nicht in der Lage ist, für den Schaden aufzukommen.
Wann die Privathaftpflicht reicht
In vielen Fällen benötigst du den Schutz durch die Rechtsschutzversicherung gar nicht, da eine andere Police greift. Stellt nämlich jemand aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen Schadenersatzansprüche an dich, schützt dich deine Privathaftpflichtversicherung (die übrigens ausnahmslos jede:r haben sollte) indem sie unberechtigte Schadenersatzansprüche abwehrt (auch vor Gericht) und berechtigte Ansprüche reguliert.
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Wann ist die Rechtsschutzversicherung sinnvoll?
Es gibt natürlich auch Fälle, in denen eine Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein kann: Wenn du beispielsweise Ansprüche außerhalb des Deckungsumfangs der Privathaftpflichtversicherung durchsetzen oder abwehren willst (meist sind das vertragliche Ansprüche), es um hohe beziehungsweise schwer einzuschätzende Streitwerte geht oder der Ausgang des Rechtsstreits insbesondere wegen der prozessualen Beweislastverteilung offen ist.
Verschiedene Angebote über eine Rechtsschutzversicherung prüfen
Bei der Überlegung, ob du eine Rechtsschutzversicherung benötigst, solltest du dir die Frage stellen, ob du in den Bereichen, die die jeweilige Police abdeckt, Streitigkeiten befürchtest. Wenn du dich für eine Rechtschutzversicherung entscheidest, hole auf jeden Fall Angebote von verschiedenen Versicherungen ein und vergleiche diese hinsichtlich ihrer Leistungen.
Separat solltest du zudem prüfen, ob aufgrund deiner individuellen beruflichen Situation Rechtsschutz-Bausteine außerhalb des Privatrechtsschutzes für dich sinnvoll sind.
Wichtige Tipps und Hinweise hierzu findest du im kostenlosen BdV-Infoblatt Rechtsschutzversicherung.