Franzi (Steuerberaterin), Helen (Steuerberater) und Sarah (Steuerassistentin) von WIR LIEBEN STEUERN geben im Interview Tipps, wer eine Steuerklärung machen muss, was wir bei dabei beachten müssen, und beantworten die Masterfrage, ob man die Steuererklärung tatsächlich ruigen Gewissens selber machen kann.
Am 2. September 2024 endet die Frist für die Abgabe der Steuererklärung – für wen ist es sinnvoll, eine zu machen?
Grundsätzlich erstmal für jede:n: Sich mit seiner Steuererklärung und seinen Finanzen auseinanderzusetzen, hat noch niemandem geschadet. Diese 5 Gründe für die Steuererklärung sollten wirklich alle überzeugen. Diejenigen, die bis zum 2. September abgeben müssen, haben allerdings sowieso keine Wahl, denn die müssen ihre Steuererklärung verpflichtend abgeben, egal, ob es sich „für sie lohnt“ oder nicht. Du weißt jetzt schon, dass du nicht pünktlich abgeben kannst? So kannst du eine Fristverlängerung für die Steuererklärung beantragen.
Wer freiwillig abgibt, hat dafür immer 4 Jahre Zeit, also die Steuererklärung für 2023 kann zum Beispiel bis Ende 2027 abgegeben werden.
Finanziell lohnt sich das in diesen Fällen vor allem für diejenigen, die hohe Kosten für ihren Job haben. „Hoch“ bedeutet in dem Fall mehr als 1.230€ pro Jahr, denn das ist der Arbeitnehmerpauschbetrag, der sowieso jedem Angestellten angerechnet wird. Kommt man darüber hinaus, kann schonmal eine nette Erstattung bei der Steuererklärung winken.
Außerdem lohnt es sich besonders für die, die Kapitalerträge aus Zinsen, Aktien, ETFs und Ähnlichem haben, aber ihren Sparerpauschbetrag noch nicht als Freistellungsauftrag bei ihrer Bank oder ihrem Broker hinterlegt haben. Wie du die Übersicht über deine Freistellungsaufträge behältst, verraten wir dir hier!
Denn dann wurden Steuern einbehalten, die man gar nicht hätte zahlen müssen und die kann man sich über die Einkommensteuererklärung wiederholen.
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2. Wer muss eine machen?
Es gibt im Wesentlichen 3 Szenarien, in denen man die Einkommensteuererklärung abgeben muss:
- Man hat noch unversteuerte Einkünfte. Bin ich angestellt, führt mein Arbeitgeber die Steuern über die Lohnsteuer ja schon für mich ans Finanzamt ab und genau so ist es auch bei Kapitalerträgen über die Kapitalertragsteuer – jedenfalls wenn ich bei einem Broker bin, der die deutsche Kapitalertragsteuer abführt. Wenn ich aber eine Immobilie vermiete oder ein Gewerbe habe, konnte niemand Steuern für mich abführen und deshalb muss dann eine Erklärung abgegeben werden.
- Man ist in Steuerklasse 6 oder verheiratet und hat die Steuerklassenkombination 3 und 5.
- Man hat sogenannte Entgeltersatzleistungen von über 410€ im Jahr bezogen.
Die sind nämlich steuerfrei, aber unterliegen dem sogenannten Progressionsvorbehalt, der den Steuersatz auf das steuerpflichtige Einkommen erhöht.
Entgeltersatzleistungen sind im Wesentlichen Elterngeld, Mutterschaftsgeld, Krankengeld, Arbeitslosengeld und Kurzarbeitergeld.
3. Kann ich die Steuererklärung selber machen?
Das kommt ein bisschen drauf an, was man so hat. Ist man „nur“ angestellt und hat vielleicht noch Kapitalerträge, für die man aber eine Steuerbescheinigung nach deutschem Recht erhält, ist das auf jeden Fall machbar.
Man kann sich an ELSTER wagen, das ist das Onlinetool der Finanzverwaltung und kostenlos, allerdings auch echt umfangreich und deshalb für viele überfordernd.
Ansonsten gibt es aber auch Software oder Apps, die das Ganze ein bisschen leichter machen.
4. Wer sollte sich eine Steuerberatung suchen?
Zumindest für das erste Jahr mal eine:n Steuerberater:in aufsuchen, sollten aber all diejenigen, die komplett oder nebenher selbständig sind, vermieten, in Kryptos investieren oder Auslandssachverhalte oder sonstige abgefahrene Geschichten haben.
Für manche Dinge sollte man wirklich laufend mit einem Steuerberatungsbüro zusammenarbeiten, aber es gibt auch einfacher gestrickte Fälle, in denen es reicht, alles einmal mit der oder dem Steuerberater:in durchzusprechen und sich erklären zu lassen, auf was man achten sollte.
Danach kann man dann in vielen Fällen, wenn man denn Lust dazu hat, auch gut alleine weitermachen und einfach bei Bedarf auf die oder den Steuerberater:in zurückgreifen.
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5. Wieviel Geld bringt eine Steuererklärung?
Das kann man leider überhaupt nicht pauschal sagen. Es gibt zwar Anbieter von Apps und Software, die mit durchschnittlichen Erstattungen von über 1.000€ werben, aber wenn man beispielsweise „nur“ angestellt ist, 10 Kilometer von der Arbeit entfernt wohnt und keine besonderen Ausgaben für den Job hat, dann kommt da auch einfach nicht viel rum.
Wichtig ist aber auf jeden Fall: Man kann nur so viel erstattet bekommen, wie man an Steuern gezahlt hat! Hat man in einem Jahr also keine Steuern gezahlt, weil man zum Beispiel noch im Studium oder in der Ausbildung steckte, dann kann es für das Jahr auch keine Erstattung geben.
6. Was kann ich überhaupt alles absetzen? Und was ist hier am attraktivsten bzw. wie lässt sich am meisten Geld holen?
Grundsätzlich kann man sich merken: Alles, was ich brauche, um Einnahmen zu generieren beziehungsweise zu erhalten. Beim Job ist das also alles, was ich für meinen Job aufwende – sowohl um meinen aktuellen Job überhaupt machen zu können, also zum Beispiel Kosten für die Einrichtung eines Home Offices oder Fahrtkosten zu meiner Arbeitsstelle, als auch um beruflich weiterzukommen.
Heißt also Fortbildungen oder auch Bewerbungskosten oder je nachdem sogar Umzugskosten für einen neuen Job können abgesetzt werden. Es gibt aber auch Bereiche, in denen das beschränkt ist, zum Beispiel bei den Kapitalerträgen.
Da ist der Abzug von Kosten durch den Sparerpauschbetrag und den fixen Steuersatz abgegolten, heißt also hier kann man keine Depotgebühren oder so mehr geltend machen.
Am meisten rausholen lässt sich dadurch, dass man wirklich alles einträgt, was man eintragen kann. Dafür sollte man sich vor allem schlau machen, welche Pauschalen es so gibt.
Die wichtigsten, die sich schnell läppern können: Entfernungspauschale, Fahrtkostenpauschale, Verpflegungsmehraufwandspauschalen.
Aber auch Pauschalen beispielsweise für Telefonkosten oder Arbeitsmittel werden meistens ohne weitere Nachweise vom Finanzamt anerkannt.
7. Was, wenn ich nachzahlen muss?
Zu allererst prüfen, ob der Steuerbescheid auch so aussieht, wie er eurer Ansicht nach aussehen muss. Wenn nicht, könnt ihr über einen Einspruch nachdenken. Wenn aber alles seine Richtigkeit hat, dann solltet ihr die Nachzahlung auf jeden Fall pünktlich zahlen, denn sonst werden Säumniszuschläge und gegebenenfalls Zinsen festgesetzt, die euer Portemonnaie zusätzlich angreifen.
Außerdem ist wichtig, dass ihr euch auf vierteljährliche Vorauszahlungen einstellt, wenn die Nachzahlung größer ausfällt. Wenn ihr schon wisst, dass ihr aber im neuen Jahr nicht mehr nachzahlen müssen werdet, weil sich eure Einkommenssituation verändert hat, könnt ihr beantragen, dass die Vorauszahlungen runtergesetzt werden. Das müsst ihr allerdings gut begründen können. Und sonst: Auf jeden Fall unterjährig immer schon etwas Geld auf der Seite liegen haben, damit eine Steuernachzahlung euch nicht gleich in die Verzweiflung treibt.
8. Habt ihr einen persönlichen Life-Steuer-Hack zum Schluss?
Der wichtigste Hack ist: Kein Geld ausgeben NUR um Steuern zu sparen. Gebt nur Geld für Dinge aus, die ihr auch wirklich braucht und schaut dann, wie ihr die möglichst optimal steuerlich geltend machen könnt. Wenn ihr aber Dinge kauft, die ihr eigentlich gar nicht so richtig braucht, bloß um weniger Steuern zu zahlen, habt ihr euch selbst Geld aus der Tasche gezogen, denn ihr kriegt niemals 100% eurer Kosten vom Finanzamt zurück.