Warum ist Networking für alle, die arbeiten – egal ob fest angestellt oder selbstständig – so wichtig?
Ich denke, Netzwerken ist nicht nur für Berufstätige von Bedeutung, sondern für jeden Menschen. Nehmen wir das Beispiel einer alleinstehenden Rentnerin: Wenn die Familie wegfällt, kann eine lebendige und unterstützende Nachbarschaft, eine Kirchengemeinde oder eine ähnliche Gemeinschaft ein unverzichtbares Netzwerk sein. Oft ergibt sich Hilfe durch mehrere Ecken – jemand kennt jemanden, der das ziehende Fenster kostengünstig reparieren kann. Dieses Beispiel zeigt, dass Netzwerken keineswegs eine neue Erfindung ist. Es war schon immer da, hat sich aber durch die Digitalisierung erweitert und bietet heute noch mehr Möglichkeiten.
Selbst wenn manche glauben, sie bräuchten in ihrem Bereich oder Aufgabenfeld kein Netzwerk, gibt es doch zahlreiche Vorteile: von Erfahrungsaustausch über neue Impulse und erhöhte Sichtbarkeit des Unternehmens bis hin zu potenziellen Mitarbeiter:innen von morgen. Nicht zu vergessen ist die persönliche Weiterentwicklung: Netzwerken hilft, die Komfortzone zu verlassen, neue Fähigkeiten zu erlernen und nebenbei die Karrierechancen zu steigern. Es lohnt sich definitiv, aus seiner „Bubble“ herauszutreten.
Ricarda Bannert bringt über 15 Jahre Erfahrung im strategischen Vertrieb und der Geschäftsentwicklung mit. Nach ersten wertvollen Einblicken in den Kunden- und Vertriebsbereich bei IBM entwickelte sie bei Vodafone jahrelang ihre Expertise in der Betreuung internationaler Großkunden und der strategischen Steuerung von Vertriebskanälen weiter und erkannte, wie entscheidend Vertrauen und langfristige Partnerschaften für nachhaltigen Erfolg sind.
Heute leitet Ricarda Bannert den Bereich strategische Partnerschaften bei Ayming. Sie konzentriert sich darauf, maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen zu entwickeln, staatliche Fördermittel zu maximieren und Innovation zu fördern. Ihre zentrale Erkenntnis aus ihrer Karriere: Netzwerken bedeutet nicht nur Kontakte zu knüpfen, sondern echten Mehrwert zu schaffen und langfristige Beziehungen mit Substanz aufzubauen.
Im Interview: Ricarda Bannert

Jemanden zu kontaktieren, eine Dienstleistung anzubieten oder sich vorzustellen, ist für viele unangenehm. Wie kann ich das überwinden?
Das Thema Netzwerken stellt für viele eine große Herausforderung dar – insbesondere für Frauen, die oft das Gefühl haben, sich „anzubiedern“ oder „zu stören“. Auch mir ist es schon so ergangen. Jeder hat seine individuelle Komfortzone, und der Schritt heraus führt unweigerlich in die sogenannte Angstzone. Das ist der Moment, in dem Selbstzweifel und innere Ausreden aufkommen. Doch genau hier liegt die Chance: Netzwerken ist keine Einbahnstraße und unterscheidet sich grundlegend von Kaltakquise. Während der Fokus bei vielen auf der Gewinnung von Aufträgen liegt, geht es beim Netzwerken darum, Beziehungen aufzubauen und nachhaltig zu pflegen. Es ist eine langfristig orientierte Strategie, die gegenseitiges Vertrauen und Vorteile schafft.
Mein Tipp: Richte den Fokus zuerst auf Austausch und die Erweiterung sowie Vertiefung von Kontakten – die Wertschöpfung kann als zweiter Schritt folgen.
Um den Einstieg zu erleichtern, ist es hilfreich, mit einer Form des Netzwerkens zu beginnen, die einem persönlich zusagt und mit der man sich wohlfühlt. Eine einfache Maßnahme ist der Kontakt zu ehemaligen Kolleg:innen oder Bekannten über Social Media. Man kann nachfragen, wie es ihnen geht, was sie aktuell machen, oder ein Treffen vorschlagen. Alternativ bietet sich eine praktische Übung an: Wähle 10 Personen aus deinem beruflichen Umfeld und überlege, welchen Mehrwert du ihnen bieten könntest – beispielsweise durch das Teilen einer passenden Stellenausschreibung oder den Hinweis auf ein Event, das ihren Interessen entspricht.
Für manche mag der persönliche Austausch über Veranstaltungen wie Fachtagungen oder Branchennetzwerke ein angenehmer Einstieg sein. Der Vorteil ist ein festes Datum, und vielleicht gibt es die Möglichkeit, mit einer Kollegin oder einem Kollegen gemeinsam teilzunehmen. Viele Netzwerke, wie etwa die IHK oder Verbände, bieten Gelegenheit, bei Veranstaltungen als Nicht-Mitglied hineinzuschnuppern, um herauszufinden, was am besten zur eigenen Situation und zu den eigenen Zielen passt.
Eine erste Übung könnte darin bestehen, sich mindestens zwei Personen vorzustellen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Damit betrittst du eine neue Phase – die Lernzone. Hier gewinnst du neue Fähigkeiten, sammelst erste Erfahrungen und erweiterst deinen Horizont. Schnell wird klar: Netzwerken macht Spaß und ist immer ein Geben und Nehmen!
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Vernetzung ist der Schlüssel zum Erfolg, das gilt besonders für Gründer:innen und Freelancer. Aber gewinnt am Ende nicht immer das günstigste Angebot und die beste Idee?
Idealerweise setzt sich die beste Idee oder das überzeugendste Preis-Leistungs-Verhältnis durch. Der wahre Schlüssel liegt jedoch oft darin, dass Netzwerken überhaupt erst die Tür zu solchen Möglichkeiten öffnet. Es kann der entscheidende Faktor sein, dass jemand durch eine Empfehlung auf dich aufmerksam wird und dich für eine Ausschreibung, ein Projekt oder eine Finanzierung in Betracht zieht. Beziehungen und Empfehlungen schaffen oft die Grundlage, auf der Chancen entstehen können, die ohne ein starkes Netzwerk möglicherweise unentdeckt geblieben wären.
Wie wichtig ist es in Zeiten der Remote-Arbeitskultur, sich tatsächlich zu treffen? Braucht es noch einen Handshake?
Ähnlich wie die Corona-Pandemie die Arbeitskultur nachhaltig verändert hat, wird auch die fortschreitende Entwicklung der KI einen tiefgreifenden Wandel mit sich bringen. Allerdings birgt diese Entwicklung nicht nur Chancen, sondern auch erhebliche Risiken, insbesondere im Bereich von Betrugsfällen. Es gab bereits bekannte Vorfälle, bei denen vermeintliche Freigaben per Video von KI-generierten Avataren erteilt wurden, die täuschend echt wirken und den Entscheidungsprozess manipulierten.
Gerade bei wichtigen Verhandlungen und Entscheidungen könnte es sinnvoll sein, wieder stärker auf persönliche Treffen und den klassischen Handschlag zu setzen. Die physische Präsenz schafft Vertrauen und verringert die Gefahr, dass digitale Tools manipuliert werden. Es bleibt spannend zu beobachten, wie Unternehmen den Balanceakt zwischen den Vorteilen digitaler Technologien und der Sicherheit persönlicher Interaktionen gestalten werden.
Was hat sich neben der Arbeitskultur geändert?
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Hat das Bewerbungsschreiben eigentlich ausgedient?
Die Bedeutung eines Bewerbungsschreibens hängt stark von der Position, Branche und Unternehmensgröße ab, doch es wird zunehmend weniger relevant. Stattdessen setzen viele Unternehmen auf standardisierte Bewerbungsverfahren und Plattformen, bei denen der Fokus auf dem Lebenslauf liegt. Ein gut strukturierter und ansprechender Lebenslauf ist daher wichtiger denn je.
Wenn die Möglichkeit besteht, eigene Dokumente zu verwenden, sollte man diese Chance optimal nutzen. Ein übersichtliches Design, prägnante Rollenbeschreibungen mit den wichtigsten Fakten und Erfolgen sowie gezielt ausgewählte Referenzen aus dem Netzwerk können einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Jahrelang im selben Job, die Kontakte lassen sich an zwei Händen abzählen. Was hilft, wenn ich mich verändern will?
Warte nicht darauf, dass jemand anderes den ersten Schritt macht – Veränderungen beginnen immer bei einem selbst. Wenn du spürst, dass du etwas verändern möchtest, aber noch unsicher bist, wie oder in welche Richtung, kann ein systemisches Coaching eine wertvolle Unterstützung sein. Es hilft dir, Klarheit zu gewinnen, neue Perspektiven zu entdecken und gezielt die nächsten Schritte zu planen, um deine Ziele zu erreichen. Veränderung ist ein aktiver Prozess, und es liegt in deiner Hand, den ersten Schritt zu wagen.
Ist LinkedIn tatsächlich die digitale Vernetzungslösung Nummer eins? Was kann ich noch tun, um sichtbar zu werden?
LinkedIn ist zweifellos eine der führenden Plattformen für berufliche digitale Vernetzung. Sie bietet hervorragende Möglichkeiten, um gezielt Kontakte zu knüpfen, eigene Expertise zu präsentieren und mit relevanten Zielgruppen in den Austausch zu treten. In meinem beruflichen Kontext spielt LinkedIn eine zentrale Rolle, während Social-Media-Netzwerke wie Facebook eher für andere Branchen und Anwendungsbereiche von Bedeutung sein können.
Neben LinkedIn gibt es jedoch viele weitere Optionen, um sich digital oder analog zu vernetzen. Fach- und Branchenforen, beispielsweise von Verbänden, sind eine ausgezeichnete Möglichkeit, spezifisches Know-how auszutauschen. Ebenso bieten Netzwerkevents, etwa von Business-Clubs oder themenorientierten digitalen Communities und Plattformen, wertvolle Gelegenheiten, neue Kontakte zu knüpfen und bestehende Beziehungen zu pflegen. Die Wahl des richtigen Vernetzungsweges hängt immer von den individuellen Zielen und dem Kontext ab.
Bringen Referenzschreiben, zum Beispiel auf LinkedIn, wirklich was?
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Ich renne immer gegen geschlossene Türen – wie analysiere ich, was ich falsch mache?
Das ist eine gute Frage. In einer solchen Situation würde ich den Austausch mit Kolleg:innen, Freund:innen und der Familie suchen. Ich würde gezielt Feedback einholen, nach ihren Erfahrungen und bewährten Best Practices fragen. Gleichzeitig wäre ich offen dafür, neue Ansätze auszuprobieren und verschiedene Perspektiven einzubeziehen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen oder eine kreative Lösung zu finden. Der Schlüssel liegt darin, unterschiedliche Meinungen zu berücksichtigen und aktiv daraus zu lernen.
Wie gelingt ein digitaler Erstkontakt?
Die Wichtigkeit des Kontakts und der Vernetzungsgrund bestimmen maßgeblich den Ansatz. Je bedeutender die Verbindung, desto gründlicher sollte die Vorbereitung sein. Vorab-Recherche ist entscheidend, um den passenden Ansatz zu wählen und die eigene Nachricht präzise auf die Person und den Kontext abzustimmen. Genrell gilt: Ein professioneller Erstkontakt sollte immer mit einer personalisierten Nachricht erfolgen. Diese sollte einen klaren Bezug zur Person oder ihrem beruflichen Hintergrund herstellen und direkt aufzeigen, welchen Mehrwert der Austausch bringen könnte. So entsteht von Anfang an eine Relevanz, die die Grundlage für eine erfolgreiche Vernetzung bildet.
Die goldenen Regeln des Netzwerkens?
Ein professionelles Auftreten und Verbindlichkeit sind die Grundlage für erfolgreiches Netzwerken. Ebenso wichtig ist es, authentisch zu bleiben und Geduld mitzubringen. Viele beginnen mit Networking, um ein konkretes Ziel zu erreichen, doch Netzwerken ist kein einmaliges Ereignis, sondern ein fortlaufender Prozess. Es erfordert regelmäßige Aktivität – nicht nur dann, wenn man etwas benötigt.
Sei daher präsent auf Veranstaltungen, steigere deine Sichtbarkeit und investiere Zeit in die Pflege deiner Kontakte.
Tipp: Betrachte dich selbst als Marke und arbeite daran, wie du wahrgenommen wirst. Dabei sollte stets ein Gleichgewicht aus Geben und Nehmen im Fokus stehen. Frage dich immer wieder: „Welchen Mehrwert kann ich meinem Netzwerk oder meinen Kontakten bieten?“ Dieses Mindset ist der Schlüssel, um langfristig starke Beziehungen aufzubauen und erfolgreich zu netzwerken.