Wer fit bleiben will, muss etwas dafür tun. Die Nachfrage nach Superfoods, Medikamenten und Treatments, die das Leben (vermeintlich) verlängern, ist daher groß – der Longevity-Markt boomt. Wir stellen die interessantesten Health Innovationen und Start-ups vor und gehen auf die Suche nach der Glücksformel: Was hält wirklich gesund, privat und im Job?
Der Nahrungsergänzungsmittelmarkt boomt
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Grünkohl-Smoothies, Eiweiß-Shakes oder Vitamin-Infusionen? Kraftsport oder Kälteschockbehandlung? Was genau uns Longevity, also ein längeres Leben beschert, ist eine Wissenschaft für sich, in die nicht nur Tech-Milliardäre wie Elon Musk kräftig investieren. Das weltweite Longevity- Business wird sich laut Marktforschungsplattform Precision Reports bis 2028 fast verdoppeln. In Berlin er- öffnete gerade das erste Longevity-Institut. Neben Sauerstofftherapien, die deine Leistungsfähigkeit steigern sollen, kannst du im Aiva zur Stärkung des Immunsystems auch in einer Kältekammer von bis zu minus 120 Grad Celsius frieren – nach dem Motto „what’s cold, doesn’t get old“.
Lea Lange hat Lunary gegründet
Besonders viel Geld fließt in Nahrungsergänzungsmittel: laut Techniker-Krankenkasse bei uns über eine Milliarde Euro im Jahr. Ein paar davon gehen sicher auch in die Produkte von Lea Lange oder Vian Feldhusen. Lea hat, nachdem sie vor zweieinhalb Jahren ihr Unternehmen Juniqe an Myposter verkaufte, im Februar 2023 Lunary gegründet. Neben einem Basisprodukt aus 16 Mineralstoffen, Vitaminen und probiotischen Bakterien (circa 60 Euro für 30 Tage) ließ sie spezielle Boost-Kapseln für bestimmte Lebensphasen entwickeln, wie Schwangerschaft oder Wechseljahre. „Nahrungsergänzungsmittel sind das i-Tüpfelchen auf der gesunden Ernährung“, findet die 36-Jährige. Sie hat von ihrer ersten Unternehmensgründung viel gelernt und macht dieses Mal einiges anders – auch in puncto eigener Longevity. „Ich war 24 und habe damals Tag und Nacht gearbeitet. Jetzt habe ich zwei kleine Kinder, und Zeit hat einen ganz anderen Stellenwert. Ich entscheide aktiver und bewusster, worin ich diese investiere.“ Bei Juniqe beschäftigte Lea sich mit ihren Co-Gründern erst drei Jahre nach Gründung genauer mit der Zielgruppe. „Heute weiß ich, dass das viel zu spät war. Bei Lunary war es daher das Erste, was ich getan habe. Ich habe mich viel mit der potenziellen Kundschaft auseinandergesetzt, Marktforschung betrieben und eigene Befragungen durchgeführt.“


Vian Feldhusen will mit YNG eine Longevity-Community aufbauen
Auch Vian hat viel Zeit – und Geld – in ihr neues Start-up YNG investiert. Die Unternehmerin, die zur Altersvorsorge früh in Immobilien investierte, finanzierte mit dem Verkauf von vier Wohnungen die Forschung und Entwicklung ihrer Produkte. „Als ich vor zwei Jahren damit anfing, war Longevity selbst in der Berliner Bubble noch kein Thema“, erzählt Vian. „Ständig wurde ich gefragt: ‚Was willst du machen? Bist du dir sicher?‘ Heute bin ich froh, dass ich meinem Gespür gefolgt bin.“ Im Mai unterzeichnete sie die ersten Investor:innenverträge, launchte noch im selben Monat ihre ersten zwei Produkte, darunter ein Longevity- und Beauty-Booster (circa 109 Euro für 30 Tage). „Die Kapseln enthalten Stoffe, die dem Körper helfen, alte Zellen loszuwerden und Platz für frische zu schaffen“, erklärt Vian. „Ich möchte mit YNG zeigen, dass Gesundheit Spaß macht – und machen darf! Daher habe ich mich bewusst für ein buntes, poppiges Design entschieden.“
Ihr Ziel: YNG zu einer Longevity-Community aufzubauen. Ein Podcast („Age? Bätsch“) mit snackable Alltagstipps ist in Planung. Vian gibt uns einen kleinen Vorgeschmack: „Ich schwöre erstens auf Intervallfasten, lasse 14 bis 16 Stunden Zeit zwischen den Mahlzeiten. Das hat nachweislich einen Verjüngungseffekt. Zweitens: Viel schlafen! Im Schlaf läuft die Zellreparatur auf Hochtouren. Drittens: Selbstoptimierung darf nicht in Stress ausarten, denn das ist ein Beauty- und Gesundheitskiller. Tu daher alles, was dich de-stresst: ob Meditation, Yoga oder Freund:innen treffen.“
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Longevity ist ein Lifestyle, weiß Katrin Böning
Die Münchner Fitnessökonomin Katrin Böning berät seit vielen Jahren zum Thema „Ernährungsumstellung“. Oft genug erlebt sie, dass ihre Kund:innen zu hohe und unrealistische Erwartungen an sich selbst haben – und ihre Ziele schnell wieder über Bord werfen und in alte, ungesunde Muster zurückfallen. „Es gibt nicht den einen, allgemeingültigen Ernährungs- und Fitnessplan für alle“, betont Katrin. „Er hängt von vielen, individuellen Faktoren ab. Vergleich dich daher nicht mit anderen, die – angeblich – mehr für sich tun. Wichtiger ist, dass du den Longevity- Lifestyle so in deinen Alltag integrierst, dass du ihn auch langfristig durchhalten kannst – und willst.“ Viel habe dabei mit dem richtigen, positiven Mindset zu tun. „Longevity ist ein Lifestyle, in dem du dich bewusst dafür entscheidest, Gutes für dich und deinen Körper zu tun“, sagt die 42-Jährige. „Du kannst über die Ernährung und Bewegung selbst einen wichtigen Baustein dafür legen, lang und gesund zu leben. In vielen anderen Bereichen haben wir diese Freiheit nicht.“
„Jeder Schritt zählt. Gerade die Bewegung im Alltag – Laufen, Treppensteigen, Bücken – ist enorm wichtig. Verbringst du viel Zeit im Sitzen, kann zweimal wöchentlich Sport das nicht ausgleichen. Du hast vergessen, die Kartons aus dem Keller zu holen? Ärgere dich nicht, sondern freu dich über die Gelegenheit, in Bewegung zu kommen.“
Katrin Böning, Fitnessökonomin Tweet
Bei der Ernährung, was natürlich ein ultrakomplexes Thema ist, kommt es Katrin vor allem auf Folgendes an: „Erstens: Meide Zucker und einfache Kohlehydrate, wie sie in Weißbrot und Pasta stecken: Sie jagen deinen Blutzuckerspiegel hoch. Diese Schwankungen sind Stress für deinen Körper – vor allem, wenn sie oft vorkommen. Iss stattdessen lieber Slow Carbs wie Quinoa oder Vollkornreis. Die gehen langsamer ins Blut und halten länger satt. Zweitens: Planung ist das A und O – vor allem, wenn stressige Arbeitstage auf dich zukommen. In solchen Situationen triffst du nachweislich schneller ungünstige Entscheidungen und greifst eher zu Ungesundem. Bereite dein Essen gleich für mehrere Tage vor und friere auf Vorrat ein – das ist gut investierte Zeit. Drittens: Iss so wenig verarbeitete Lebensmittel wie möglich. Frag dich bei jeder Mahlzeit, jedem Snack: Ist etwas Frisches dabei?
Meine persönliche Faustregel lautet: Besteht ein Produkt aus mehr als fünf Zutaten, lohnt es, näher hinzuschauen, worum es sich da handelt.“
Die Wissenschaft gibt Katrin recht: Laut einer im Mai 2024 im „British Medical Journal“ veröffentlichten Studie haben Menschen, die oft stark verarbeitete Lebensmittel essen, ein höheres Risiko, früher zu versterben. Das belegen auch Studien der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Industriell verarbeitete Lebensmittel (auch: vegane Fertigprodukte!) enthalten meist viele Zusatzstoffe, schlechte Fette und kaum echte Nährstoffe. „Wer Longevity anstrebt, kommt auch ums Thema ‚Alkohol‘ nicht herum“, so Katrin. „Gesund ist, ganz zu verzichten, Alkohol ist ein Zellgift. Gerade im Job, etwa auf Firmenfeiern, kann darauf schon mal schräg reagiert werden. Denke aber immer dran: Es geht um dich und deine Gesundheit. Bleibst du gesund und leistungsfähig, profitieren auch deine Kolleg:innen und Chef:innen davon.“
Am Ende ist es natürlich immer eine individuelle Lebensgenussabwägung. Wer es intuitiv richtig macht, sind übrigens die Menschen in den „Blauen Zonen“, Regionen wie Sardinien und die japanische Insel Okinawa, in denen man laut „American Journal of Lifestyle Medicine“ im Schnitt länger lebt als im Rest der Welt. Was diese Regionen alle gemein haben: eine eher pflanzenbasierte Ernährung, regelmäßige Bewegung und soziale Interaktion. Longevity Lifestyle par excellence also.
