Wie wäre es, wenn man dir 20, 50 oder sogar 100 Prozent deines Einkommens einfach so aufs Konto überweisen würde – ohne dass du dafür aktiv arbeiten musst? Großartig, oder? Dir bliebe mehr Zeit für Freund:innen und Familie, Hobbys oder deine persönliche Weiterentwicklung. Ein Traum, den viele hegen – und der sich mit einem sogenannten passiven Einkommen realisieren ließe. Aber wie stellt man das an? Wie lässt sich ein solches passives Einkommen aufbauen? Die gute Nachricht: Ob in Form von Einnahmen durch vermietete Wohnungen, Lizenzgebühren für selbst entwickelte und geschriebene Bücher, Fotos, Musik oder Erlösen aus den eigenen Amazon- oder Ebay-Shops – es gibt unzählige Möglichkeiten, passiv Geld zu verdienen. Mag sein, dass in so manche dieser Geldquellen erst einiges zu investieren ist, bis sie merklich sprudelt (Wohnungen vermieten sich bekanntermaßen nicht von selbst). Trotzdem stehen Aufwand und Nutzen oft in einem sehr guten Verhältnis – etwa, wenn du „lukrative“ Aktien besitzt.
Passives Einkommen durch Dividenden
Zu den Geldquellen, die mit am wenigsten Arbeit machen und für die du kein bestimmtes Anfangskapital benötigst, gehören Dividenden. Dividenden sind die Gewinne, die Aktiengesellschaften an ihre Aktionär:innen aus- schütten. Wenn du eine Aktie einmal gekauft hast und in deinem Portfolio behältst, fließen dir die Dividenden zu – zumindest dann, wenn das Unternehmen Gewinne ausschüttet.
Tatsächlich tun dies nämlich nicht alle Unternehmen. Hat eine Firma finanzielle Schwierigkeiten, kann sie zum Beispiel beschließen, stattdessen lieber Schulden abzubezahlen. Einige Unternehmen, insbesondere solche in stark wachsenden Branchen, reinvestieren Gewinne außerdem lieber, um ihr Geschäft auszubauen. Dazu gehören oft Technologieunternehmen oder junge Start-ups, die Kapital für Forschung und Entwicklung benötigen. Auch ist es möglich, dass einige Unternehmen an bestimmte Kreditvereinbarungen oder Schuldenklauseln gebunden sind, die ihnen die Auszahlung von Dividenden untersagen. Wer also eine sogenannte Dividendenstrategie fahren will, sprich Aktien gezielt anhand ihrer Ausschüttungen aus- wählt, sollte deren Dividendenpolitik der zurückliegenden Jahre im Blick haben.
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Zertifikate – den Begriff hat die eine oder andere von euch vielleicht schon mal gehört. Die sogenannten „strukturierten Wertpapiere“ können neben Aktien, Anleihen, Fonds & Co. ein sehr interessantes Investment sein. Die Deka-Zertifikate-Expertin Charlotte Neugebauer erklärt im Interview, was Anlagezertifikate sind, wann ein Investment lohnend sein kann und für wen es besonders gut geeignet sein könnte.
In Aktien investieren und Kapitalstock aufbauen
Die Möglichkeit, passives Einkommen aus Dividenden zu generieren, ist eine der beliebtesten Strategien für langfristige Investoren, die finanziell unabhängig sein möchten. Denn ihr Ziel ist es, ein passives Dividendeneinkommen aufzubauen, das den Lebensunterhalt deckt. Dazu ist allerdings ein hoher Kapitalstock nötig – zumindest dann, wenn man sich vorwiegend mittels Dividenden finanzieren will. Angenommen, die durchschnittliche Dividendenrendite des Depots – also das, was das investierte Vermögen an Kapitalerträgen abwirft – liegt bei drei Prozent im Jahr. Dann ist ein Aktienvermögen von rund 1,67 Millionen Euro nötig, um jährlich rund 50.000 Euro an Dividenden einzunehmen. Selbst, wenn man 30 Jahre Zeit hätte, um zu sparen und zu investieren, und zudem alle erhaltenen Dividenden wieder reinvestieren würde, wären trotzdem knapp 2900 Euro im Monat dafür zur Seite zu legen – für einen Großteil der Anleger:innen völlig unrealistisch, schließlich übertrifft diese Summe das durchschnittliche Nettomonatsgehalt der meisten Menschen. Was also tun?
Entscheidender Hebel: das Dividendenwachstum
Wer eine Dividendenstrategie verfolgen will, sollte sich die Dividendenpolitik eines Unternehmens genauer ansehen. Denn wie dieses mit seinen erwirtschafteten Gewinnen um- geht – ob es also Dividenden an seine Aktionäre aus- schüttet und in welcher Höhe –, spielt eine entscheidende Rolle, ob eine Aktie fürs Portfolio infrage kommt oder eher nicht. Wie gesagt: Es gibt keine Garantie dafür, dass Dividenden stabil gezahlt werden. Sie können gekürzt oder ganz ausgesetzt werden.
Oder aber: Sie steigen! Etliche Unternehmen versuchen, ihre Anteilseigner:innen bei Laune zu halten, indem sie Gewinne nicht nur regelmäßig ausschütten, sondern diese Ausschüttungen auch Jahr für Jahr erhöhen – Stichwort „Dividendenwachstum“. Das ist ein oft unterschätzter Hebel dafür, wie sich Dividendenerträge steigern lassen, ohne dafür mehr Aktien kaufen zu müssen. Merke also: Es ist nicht nur entscheidend, ob ein Unternehmen Gewinne ausschüttet, sondern auch, wie regelmäßig es das in der Vergangenheit getan hat – und wie sich seine Dividenden über die Zeit entwickelt haben.
Mit einbeziehen: die langfristige Betrachtung
Bei der Dividendenwachstumsstrategie ist das Ziel, die Dividende der Zukunft zu maximieren. Oft nehmen Anleger:innen dafür anfangs eine geringere Dividendenrendite in Kauf, rechnen jedoch damit, dass diese zügig wächst. Innerhalb weniger Jahre kommt man auf diese Weise zu sehr attraktiven Dividendenrenditen im Portfolio. Beispiel: Du kaufst eine Aktie im Wert von 100 Euro, die eine jährliche Dividende in Höhe von zwei Euro bietet. Diese wird jedes Jahr um zehn Prozent angehoben. Nach zehn Jahren beträgt sie also nicht mehr nur zwei Euro, sondern 6,16 Euro. Die Dividendenrendite liegt demnach bei 6,16 Prozent auf das ursprünglich eingesetzte Kapital von 100 Euro. Andere Rechnung: Wenn die Dividende von zwei Euro um nur fünf Prozent jährlich steigt, dafür aber über 30 Jahre, hätte man am Ende eine Dividendenrendite von rund neun Prozent auf das ursprünglich eingesetzte Kapital.
Das Dividendenwachstum beeinflusst auch, wie man seine passiven Einkommensströme planen kann. Denn wenn so die investierten Beträge mit der Zeit immer höher verzinst werden, muss man insgesamt einen geringeren Kapitalstock ansparen. Wie Dividendenwachstum konkret aussieht, lässt sich am Beispiel der Apple-Aktie zeigen: 2023 zahlte der Technologiekonzern eine Dividende von 0,94 Dollar pro Aktie. Beim aktuellen Aktienkurs von rund 162 Euro entspricht dies einer Dividendenrendite von rund 0,5 Prozent, was erst mal nicht herausragend scheint. Aber: Apple steigert die Dividende seit Jahren. 2013 betrug sie noch 0,41 Dollar je Aktie. Im Schnitt ist sie seitdem jedes Jahr um 8,52 Prozent gestiegen. Gemessen am Kaufpreis der Aktie von vor zehn Jahren ist die Dividendenrendite heute deutlich höher: Hätte man 2013 eine Apple-Aktie gekauft und sie bis heute gehalten, läge die Dividendenrendite gemessen am damaligen Kaufpreis bei rund sieben Prozent – ganz zu schweigen vom Kursgewinn, der sich seitdem mehr als verzehnfacht hat.
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Hallo Dividendenaristokraten!
Die große Frage ist nun natürlich, wie Aktien zu identifizieren sind, die sich durch ein nachhaltiges Dividendenwachstum auszeichnen. Tatsächlich gibt es eine ganz eigene Gruppe von Unternehmen, die sich genau darüber definieren: die sogenannten Dividendenaristokraten. Diese Firmen haben nicht nur über die vergangenen 25 Jahre hinweg Dividenden an ihre Aktionäre ausgeschüttet, sondern diese auch regelmäßig erhöht. Dividendenaristokraten sind in der Regel gut etablierte Unternehmen mit einer soliden finanziellen Basis, denen Investor:innen daher vertrauen. Dazu gehören beispielsweise Aktien etablierter Konsumgütermarken wie Coca-Cola oder McDonald’s, aber auch von Unternehmen mit stabilen Geschäftsmodellen wie die Munich Re oder Johnson & Johnson. Diese verfügen über ausreichende Mittel, um ihre Dividenden selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten aufrechterhalten zu können.
Einer der bekanntesten Aristokraten ist Colgate-Palmolive, mit einer Dividende, die seit über 50 Jahren konstant erhöht wurde. Weltweit gibt es momentan rund 150 Dividendenaristokraten, drei Viertel davon stammen aus den USA. Die durchschnittliche Dividendenrendite aller Aristokraten liegt bei gut drei Prozent, ihr durchschnittliches jährliches Dividendenwachstum der vergangenen fünf Jahre bei über sechs Prozent.
Wie finde ich gute Aktien?
Einerseits stehen dabei natürlich die Dividenden und deren Wachstum im Fokus. Andererseits sollten auch weitere Kriterien passen: Ein attraktives und zukunftsträchtiges Geschäftsmodell und ein he- rausragendes Management sind genauso wichtig wie solide Fundamentaldaten. Letztere sind in der Aktienanalyse die finanziellen Kennzahlen und Informationen, die den inneren Wert eines Unternehmens darstellen. Dazu gehört, wie finanziell gesund dieses ist, wie es um seinen Gewinn, Umsatz und die Verschuldung steht. Aber auch Kennzahlen, die ins Verhältnis zum aktuellen Kurs gesetzt werden, sind wichtig, etwa das Kurs-Gewinn- Verhältnis. Auf Basis all dessen bewertet man die Werthaltigkeit einer Aktie und inwiefern es sich lohnt, darin zu investieren. Hier erfährst du, wie du bei einer Aktienanalyse vorgehst.
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Alles Dividende, oder was?
So attraktiv Dividenden und ihr Wachstum auch sein mögen, so wichtig ist, sich vor Augen zu führen, dass das, was in der Vergangenheit passiert ist, nicht zwingend für die Zukunft gelten muss. Sprich: Dividendenzahlende Unternehmen können in die Situation geraten, ihre Ausschüttungen aussetzen zu müssen. Zugleich entwickelt sich der Aktienkurs dividendenstarker Titel – verglichen etwa zum dynamischen Wachstum von Technologiekonzernen – eher wenig. Wobei die Schwankungsintensität in der Regel weniger stark ist. Als Beimischung können sie sich daher durchaus lohnen.