Ist es noch sinnvoll zu bauen? Die Frage stellen sich angesichts steigender Zinsen und Baukosten gerade viele. Von mir gibt es, trotzt Widrigkeiten, ein klares Ja. Vorausgesetzt, man hat eine gesicherte Finanzierung – und hält sich an einige Regeln. Selbst Anfang der 2000er-Jahre bauten Menschen Häuser, obwohl das mit Zinsbeträgen von sechs bis acht Prozent sehr teuer war, und die meisten von ihnen haben es nicht bereut.
Irgendwann konnten sich immer weniger Leute diese Sätze leisten. Die Nachfrage ging zurück und damit auch der Preis für ein Haus. So wird sich die Lage auch in den kommenden Jahren entwickeln. Die Preise für Stahl, Beton und Holz haben ihren Zenit bereits überschritten und sinken. Gleichzeitig hat die Zeit der niedrigen Zinsen dafür gesorgt, dass der Markt übersättigt ist. Die Gier nach immer mehr hat dazu geführt, dass (zu) viele Aufträge angenommen und Fachkräfte und Kapazitäten weniger wurden. Dieses Immer-noch-mehr wird sich jetzt in Luft auflösen und der Markt wird in ruhigeres Fahrwasser geraten. Nur wer dann Qualität liefert und fair agiert, wird sich behaupten können. Als Bauherr:in kannst du das forcieren. Unterschätze nie deine Marktmacht. Die Baufirmen sind auf dich angewiesen. Du bist Kundin, keine Bittstellerin, kannst Qualität und Ausgewogenheit fordern.
Manuela Reibold-Rolinger, Fachanwältin für Baurecht, weiß: Ein Haus zu bauen, ist eine echte Herausforderung. Vor allem, wenn man es selbst macht. In ihrem Buch „Das war im Plan nicht eingezeichnet“ erzählt sie von tragischen und skurrilen Erlebnissen als Bauretterin. Instagram:@Bauglueck

Oft unterschätzt: der Zeitaufwand
Vorsicht, der Hausbau kann schlauchen!
Selbst zu bauen kann Kosten sparen, ob sich dies angesichts der dadurch meist längeren Bauzeit tatsächlich rechnet, ist fraglich. Nach meiner Erfahrung kostet Bauen in Eigenregie viel Zeit und Nerven und mehr körperliche Kraft, als sich die meisten vorstellen. Einen Hausbau kann nur angehen, wer in der Lage ist, das gesamte Bauvorhaben, Vergabe und Bauüberwachung zu koordinieren und organisieren. Zudem muss – wie auch bei einem Hausbau mit Generalunternehmen oder einem Bauträger – genügend Kapital vorhanden sein. Das bedeutet: Die Baufinanzierung sollte schon zu Planungsbeginn stehen. Hier hilft, einen Finanzierungsplan zu erstellen. Vorteil für Selbstbauer: Eigenleistungen werden bei der Baufinanzierung teils als Eigenkapital angerechnet.
Dennoch: Vor allem der Zeitaufwand wird von vielen unterschätzt. Wer ein Haus selbst baut, muss mit vielen Hundert Stunden Arbeit rechnen und die Bauzeit kann sich schnell verdoppeln. Typische Fehler, die ich beim Bauen in Eigenregie zudem immer wieder sehe, sind: die Verantwortung abzugeben und ohne eigene Vorbereitung einfach loszulegen, Verträge ungeprüft zu unterschreiben, Bauverträge ohne eigenes Grundstück zu kaufen, keine Qualitätskontrollen durchführen zu lassen, sich keine eigene Kompetenz anzueignen sowie die eigenen Fähigkeiten und das eigene Durchhaltevermögen völlig zu überschätzen.
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Häufiger Fehler: Milchmädchenrechnung Eigenleistung
Um zu verdeutlichen, was ich meine, ein Rechenbeispiel – anhand eines Bauvorhabens, das total schieflief. Tatsächlich wollen in einem von vier Fällen die Leute selbst bauen. So auch Familie Mai, die glaubte, Baukosten in Höhe von 35.000 Euro durch Eigenleistung einsparen zu können. Doch ihre Rechnung war leider völlig falsch. Will man 35.000 Euro aus einem Angebot einsparen, muss man etwa 15.000 Euro für Material veranschlagen. Das Unternehmen hatte für seine Arbeiten sowie den Lohn insgesamt 20.000 Euro kalkuliert. Geht man von einem üblichen Stundenlohn von 50 Euro für eine Fachkraft aus, waren bei 20.000 Euro etwa 400 Arbeitsstunden eingeplant, verteilt auf mehrere Handwerker:innen. Als Privatperson muss man die veranschlagten Stunden verdoppeln, da man als Laie immer länger braucht. Das gilt auch für Arbeiten wie Malern und Tapezieren. Will man nach Feierabend noch vier Stunden auf der Baustelle schuften, muss man realistisch gesehen 200 Tage am Stück arbeiten, bis der Lohn für 800 Arbeitsstunden abgearbeitet ist. Und eins ist klar: Materialkosten fallen sowieso an. Es ist also insgesamt eine Milchmädchenrechnung.
Wie bei Familie Mai führen bei vielen Bauwilligen das Ausreizen des finanziellen Rahmens sowie ein falsches Einschätzen der eigenen Resilienz zu schwerwiegenden Bauablaufstörungen, bis hin zum Baustopp. Dazu kommen oft nötige Nachfinanzierungen und familiärer Streit. Nicht selten entstehen daraus existenzbedrohende Situationen, Ehekrisen oder es kommt sogar zu Todesfällen.
Ich möchte niemandem das Bauen ausreden, aber bevor du ein Haus in Eigenregie errichtest, muss dir klar sein, welche Verantwortung – nicht zuletzt für dich selbst und deine Familie – das mit sich bringt. Verdeutliche dir immer wieder selbst, was geht und was du Fachleuten überlässt. Regelmäßig mit dem Bauunternehmen zu reden, generell klar zu kommunizieren und ständig auf der Baustelle präsent zu sein, schützt vor Baukrisen. Kurz: Das Lebenswerk Hausbau ist so anstrengend wie ein Marathon – und muss genauso gut vorbereitet und begleitet werden.
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