Unter der Sonne Kaliforniens: Unser halbes Jahr in den USA
Einfach mal den Alltag hinter sich lassen – wer träumt nicht davon?! Wir haben es gemacht. Anfang 2023 sind wir mit unseren vier Söhnen für sechs Monate nach Kalifornien ausgewandert. Die Kinder sind dort zur Schule gegangen, ich habe mein zweites Buch geschrieben und mein Mann hat sich neuen Projekten gewidmet. Zwischenzeitlich gab es durchaus Höhen und Tiefen, doch wir, vor allem unsere Kinder, sind gestärkt zurückgekommen und haben viele wunderbare Erfahrungen gemacht. Die Erinnerungen an diese Zeit werden uns noch lange durch den Alltag tragen. Spielst du vielleicht mit dem Gedanken, mit der Familie ins Ausland zu gehen? Hier kommen unsere wichtigsten Erfahrungen und Learnings!
Es ist ein Projekt!
Die Vorbereitungen für ein solches Projekt sind nicht zu unterschätzen: vom Visum über die Schul- und Wohnungssuche bis hin zur Untervermietung der eigenen Wohnung und allerhand Organisatorischem wie der Schulbefreiung oder der Wahl der Krankenkasse. Zwischenzeitlich hatte ich das Gefühl, einen neuen Teilzeitjob zu haben. Auch muss man eine gewisse Hartnäckigkeit, um nicht zu sagen: Sturheit, mitbringen, da sich immer wieder Hindernisse auftun (bei uns etwa beim Visum). Kurzum: Wer ein solches Projekt auf eigene Faust organisiert, der muss es wirklich wollen. Als unser Vorhaben auf der Kippe stand, da ich keine geeigneten Schulen fand, bin ich kurzerhand nach Los Angeles geflogen, um mich vor Ort umzusehen. Innerhalb weniger Tage hatte ich Haus und Schulen für uns gefunden, nachdem ich zuvor gefühlt 1.000 Mails geschrieben hatte, die irgendwo versandeten.
Ganz anders ist es selbstverständlich, wenn man als Expat ins Ausland geht, dann kümmert sich das Unternehmen um vieles. Aber diese Option hatten wir nicht.
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Je jünger die Kinder, desto einfacher
Je jünger die Kinder sind, desto leichter lassen sie sich umziehen. Bis zu Beginn der Pubertät, also bis etwa 12, vielleicht auch 13 Jahre, sind die Kinder noch sehr auf uns Eltern fixiert und solange wir Eltern gut für sie sorgen, sind sie glücklich. Es wäre allerdings gelogen, dass so ein Umzug ins Ausland, womöglich noch auf einen anderen Kontinent, für die Kleinen völlig problemlos ist. Unsere Kinder waren in den ersten drei Monaten tendenziell unausgeglichener. Aber sobald sie die ersten Freund:innen gefunden hatten, lief es (natürlich ist jedes Kind anders und bei vier Kindern ist immer eines dabei, das so eine Erfahrung anders sieht). Schwieriger ist es mit Teenagern, vor allem zu Beginn der Pubertät. Sie nabeln sich ab und das Letzte, was sie sich wünschen, ist, viel Zeit mit ihren Eltern zu verbringen (umgekehrt übrigens auch). Außerdem sind ihnen ihre Freund:innen in diesem Alter enorm wichtig. Leichter scheint es wieder in der Oberstufe zu werden, weil Jugendliche die Vorteile des Lebens im Ausland eher verstehen, aber diese Lebensphase geht bei uns gerade erst los.
Das Schulthema, eine Frage des Geldes – oder der Einstellung
Die Kinder von der deutschen Schule abzumelden ist sehr einfach: Wer einen Schulplatz im Ausland nachweist, kann sie problemlos vom Unterricht in Deutschland befreien lassen. Eine geeignete Schule im Ausland zu finden ist indes schwerer, vor allem in den oberen Klassen, denn dann wiegen Inhalte und Noten mehr. Es gibt zwar fast überall sehr gute internationale Schulen, nur kosten sie auch entsprechend. In den USA sollte allein die Waldorfschule pro Kind 45.000 Dollar pro Jahr kosten, ganz schön viel Geld für ein bisschen Stricken und Häkeln. Kurzum: Privatschulen kamen für uns einfach nicht infrage.
Es gibt daher eigentlich nur zwei realistische Optionen: Entweder der Arbeitgeber zahlt das Schulgeld (oder zumindest einen großen Teil) oder aber man sucht sich eine vernünftige öffentliche Schule, was in den USA sehr vom Wohnort abhängig ist. Wohnt man in einem guten Viertel, sind auch die Schulen gut.
Das Visum – komplexer als gedacht
Mit dem Visum steht und fällt alles. Es gibt einige Länder, die es einem sehr einfach machen, dort einige Monate zu leben, beispielsweise Indonesien oder Mexiko, die digitale Nomaden willkommen heißen. Ganz anders die USA. Selbst der Nachweis, dass wir unser Leben dort gut finanzieren können, brachte nichts. Zwar hätten wir mit einem Esta-Visum recht einfach für drei oder sechs Monate einreisen können, allerdings hätten die Kinder dann nicht zur Schule gehen dürfen. (De facto fragt die Schule nicht nach dem Visum, aber offiziell verstößt man gegen das Einwanderungsgesetz, was wir auf keinen Fall wollten.)
Augen auf bei den Lebenshaltungskosten
Mehr als einmal habe ich mir gewünscht, ich hätte den Lebenshaltungskostenindex im Vorfeld intensiver studiert. Zwar war uns bewusst, dass die Mieten sehr viel teurer sind. Dass die Preise nach der Pandemie aber in allen Lebensbereichen derart angezogen hatten und jeder Lebensmitteleinkauf bei Trader Joe’s (eine Art Discounter) locker das Doppelte kostete, war dann doch ein Schock. Ganz zu schweigen von Freizeitvergnügen, wie Museums- oder Theaterbesuchen oder Basketballspielen.
Mit der Zeit haben wir unser Leben angepasst, sind selten essen gegangen, haben sehr viel Sport gemacht und waren viel in der Natur, Camping inklusive. Über die Zeit sind wir mit unserem Budget gut hingekommen, da andere Dinge wiederum vergleichsweise bezahlbar waren, etwa Kleidung, Autofahren bzw. -mieten, Hotelzimmer (was vor allem daran lag, dass diese oft sehr groß sind). Und irgendwann hatten wir es raus, die unzähligen Sales, Discounts und Early-Bird-Angebote für uns zu nutzen. Trotzdem habe ich immer wieder etwas neidisch die Insta-Posts einer Freundin verfolgt, die mit ihrer Familie auf Bali war und für ihr gesamtes Frühstück inklusive Müsli, Eiern und Kaffee so viel gezahlt hat wie ich für einen Haferlatte in Venice Beach.
Das neue Zuhause – eine lohnende Investition
Wer kann, sollte etwas mehr in die Wohnung oder das Haus investieren. Gibt es dort etwas, das es in der alten Heimat nicht gibt, etwa einen Tennisplatz oder Pool (was in größeren Wohnkomplexen durchaus üblich ist), kommt das bei den Kindern sehr gut an. Bei uns war die Nähe zum Strand ausschlaggebend. Es kann aber auch die Wohnung mit Aussicht sein oder der Garten… Denn es macht eigentlich nur Sinn, den ganzen Aufwand auf sich zu nehmen, wenn sich die Lebenssituation in irgendeiner Weise verbessert. Wie das aussieht, kann jede und jeder für sich selbst herausfinden.
Vorteil des Sabbaticals: Alte Muster durchbrechen und neue Freiräume nutzen
Das Schönste an so einem Auslandsaufenthalt sind die neuen Freiräume, die man gewinnt. Allein dass man weniger Freund:innen hat, weniger eingebunden ist (mit allen Vor- und Nachteilen), schafft viel Zeit. Wir haben unsere neuen Freiräume genutzt, um sportlicher zu werden. Ich habe mich intensiv mit der Longevity-Theorie beschäftigt, mache seitdem täglich 45 bis 60 Minuten Sport und ernähre mich sehr viel gesünder. Mein Mann hat das Marathonlaufen für sich entdeckt, unsere Söhne sind tiefer ins Surfen, Tennis- und Basketballspielen eingestiegen. Dabei ist uns der tägliche Sport so sehr zur Gewohnheit geworden, dass wir ihn auch in unseren Berliner Alltag übernommen haben.
Es muss natürlich nicht Sport sein, vielleicht ist es auch eine Sprache, ein kreatives Hobby oder irgendetwas anderes. Aber es ist sinnvoll, sich im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, was man „mit nach Hause nehmen“ will. Denn wenn ich wie in den vergangenen Monaten durch den trüben Winter in Berlin jogge, sehe ich vor meinem inneren Auge immer noch den Strand von Venice Beach und habe die Palmen und den Pazifik vor Augen.
Highlights setzen/Radius nutzen
Der neue Alltag ist für Kinder gerade zu Beginn durchaus anstrengend. Umso wichtiger ist es, immer wieder Highlights zu setzen. Nach etwa vier Wochen haben wir unseren ersten Campingausflug in den Joshua-Tree-Park unternommen, was sehr zur guten Stimmung bei den Kindern beigetragen hat. In den Ferien und auch an langen Wochenenden haben wir den neuen Standort genutzt, um Orte zu besuchen, die von Deutschland weit entfernt sind. So habe ich mit einem meiner Söhne beispielsweise eine Kulturreise nach Mexiko-City unternommen, in den Osterferien waren wir mit der gesamten Familie zum Surfen in Costa Rica, was ein bisschen das Mallorca der Kalifornier ist. Das kostet natürlich, deshalb sollte es in die Budgetplanung einfließen.
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Die Rückkehr – nicht zu unterschätzen
Wer denkt, dass nur der Aufbruch aufwendig ist, liegt leider falsch. Auch die Heimkehr ist es. Angefangen beim Wiedereinräumen der Wohnung über die Neuorganisation des Freizeitprogramms für unsere Jungs bis dahin, dass wir uns bei unserem Jüngsten intensiv um seine Freundschaften kümmern mussten, nachdem er den größten Teil der ersten Klasse verpasst hatte. Aber all das ging deutlich schneller als in den USA, es war schließlich ein Heimspiel.
Wieder glücklich zu Hause
Nach unserem Abenteuer sind wir wieder sehr glücklich in Berlin. Natürlich hat sich absolut nichts geändert, aber wir haben einen anderen Blick auf die Dinge bekommen, wissen die Vorteile mehr zu schätzen und können über die Nachteile leichter hinwegsehen. Und so manches Gespräch beim Abendessen dreht sich um die schöne gemeinsame Zeit in den USA. Ich denke, diese Erfahrung wird uns ein Leben lang begleiten.