Stimme Tipps: Sprechtrainerin Übungen gegen Lampenfieber
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Mit Stimme überzeugen: Tipps von Sprechtrainerin Birte Heckmann

Setzen wir unsere Stimme richtig ein, wirken wir charismatischer, sind erfolgreicher und bekommen, was wir wollen. Stimm- und Sprechtrainerin Birte Heckmann weiß, wie man mit Stimme überzeugt. Außerdem: Tipps gegen Lampenfieber!

Unsere Stimme beeinflusst unser Leben

Kennen wir das nicht alle? Bei einer Präsentation oder einem Vortrag, im Gehaltsgespräch oder beim Kennenlernen sind wir aufgeregt. Das Herz schlägt schneller, wir atmen flacher, unsere Stimme zittert und klingt seltsam hoch. Jetzt wünschen wir uns nur noch eins: Souveränität und Stimmgewalt. Wie dann Ruhe gelingt und die Stimme wieder unter Kontrolle gerät, weiß Stimm- und Sprechtrainerin Birte Heckmann. 

Im Interview: Birte Heckmann

Birte ist Logopädin und selbstständige Stimm- und Sprechtrainerin aus Hamburg. Sie arbeitete als Sprecherzieherin am Staatstheater, als Hochschul- und Schauspielschuldozentin, als Moderatorentrainerin beim Radio, als Speakerin auf internationalen Kongressen und ist Buchautorin.
Mehr über Birte Heckmann gibt’s auf ihrer Website.

Stimm- und Sprechtrainerin Birte Heckmann im Interview: Tipps für die Stimme
Liebe Birte, du bietest Stimm-, Sprech- und Auftrittstraining für Menschen an, bei denen der Einsatz ihrer Stimme eine herausragende Rolle spielt. Was sind die größten Probleme, die Menschen – und vielleicht auch gerade Frauen – mit ihrer Stimme haben?
Sprechen hat sehr viel mit Erfahrungen zu tun, die wir im Laufe unseres Lebens gemacht haben. Haben wir Sprüche wie „Quietsch doch nicht so“ oder „Sprich erst, wenn du gefragt wirst“ als Kinder zu hören bekommen, haben wir einen ganz anderen Bezug zu unserer Stimme, als wenn wir dazu ermuntert wurden, das Wort zu ergreifen. Viele Frauen wurden zur Bescheidenheit erzogen und verspüren einen stärkeren Wunsch nach Harmonie als Männer. Aussagen als eindeutige Statements zu platzieren, fällt ihnen manchmal schwerer. Entschiedenheit wird hörbar durch die Satzmelodie am Ende: Gehe ich mit der Stimme hoch, klingt es, als würde ich meine Aussage hinterfragen. Senke ich die Stimme, zeugt das von Sicherheit: So ist es! Allerdings sollte dahinter echte Überzeugung stecken – rein technisches Absenken der Stimmlage am Ende eines Satzes klingt künstlich und unglaubwürdig. Auch das Aushalten von Stille ist für viele meiner Kunden und Kundinnen ungewohnt und unangenehm. Pausen aber sind in einem Gespräch sehr wirkungsvoll und notwendig. Sie helfen, sich zu strukturieren und machen es auch den Zuhörenden leichter zu folgen.
Hast du eine Idee, wie wir gerade Mädchen und Frauen unterstützen können, den Mund aufzumachen?
Die Sozialisierung von Mädchen ist, auch durch lukratives Gender-Marketing, meist eine ganz andere als die von Jungs. Kuschelpferdchen statt Bauset, Schminke statt Schraubenzieher, Meerjungfrauen statt mutiger Astronauten – Mädchen bekommen weniger angeboten, an dem sie sich ausprobieren, scheitern und dann wachsen können. Studien zufolge bekommen Mädchen sogar weniger Taschengeld als Jungs! Leise entwickelt sich diese Saat immer weiter: Mädchen lernen, sie seien nicht gut in Naturwissenschaften, in Finanzdingen, in Technik – und diese alten Rollenerwartungen werden weiterhin bestätigt. Aber Kinder brauchen Vorbilder – auch Frauen! Wir sollten von Anfang an achtsam beim „gendertypischen“ Umgang sein. Jungs wie Mädchen unterstützen, Dinge auszuprobieren. Sie ermutigen, uns Theaterstücke und erste Vorträge zu präsentieren, sie nach ihrer Meinung fragen. Ihnen zuhören und Sprechen als etwas Positives mit Mehrwert und Wirksamkeit erfahrbar machen.

Buchtipp: Stimme macht Erfolg

Wie wir unsere Stimmkraft stärken, um zu überzeugen und besser anzukommen, verrät Birte Heckmann in ihrem Buch „Stimme macht Erfolg“ und gibt Tipps zur Vorbereitung und Umsetzung von Präsentationen, Moderationen oder Meetings, Übungen zur Stimmkräftigung, sprecherisches Know-how und SOS-Strategien bei Sprechangst und Nervosität.
Unsere Highlights: Die vielen Praxistipps und Übungen, zum Beispiel im Kapitel „Atem und Stimme“ und  „Work it, Baby!“. „Schnee-Engelchen“, „Wackeldackel“ oder „das Baddelgesicht“ lösen Spannungen und stärken die Körperpartien, die in Verbindung mit der Stimmmuskulatur stehen. Und das Beste: Birtes Übungen stärken nicht nur Stimme, Körper und Mentalität, sie machen auch gute Laune. Haben wir doch endlich die Erlaubnis, unter der Dusche zu singen und den Biss ins Brötchen mit einem genüsslichen „Mmmmmmh!“ zu begleiten.

„Stimme macht Erfolg“ von Birte Heckmann,
Ariston Verlag, 22 Euro.

Stimme macht Erfolg. Buch von Birte Heckmann
In deinem Buch “Stimme macht Erfolg” schreibst du im Vorwort, dass die Stimme ein wirtschaftlich unterschätzter Faktor ist. Warum?

Es gibt spannende Studien, die belegen, dass die Stimmlage des CEO und der Umsatz seines Konzerns korrelieren. Platt gesagt: Chefs mit tieferer Stimme generieren für das Unternehmen – und für sich selbst – mehr Geld. Unsere Stimme und unsere Art zu sprechen haben Einfluss darauf, wie wir wahrgenommen werden. Ein Berater mit brüchiger Stimme wird als weniger fit und verlässlich empfunden – das kann zum Beispiel bei älteren Mitarbeitenden ein Problem werden. Eine schrille Frauenstimme lädt nicht dazu ein, ihr interessiert zu folgen, ein Nuschler transportiert wenig Interesse am Gegenüber. Viele Faktoren, die unser Gehirn bei der Verarbeitung von Stimme und Sprache interpretiert, bekommen wir gar nicht mit und reagieren entsprechend unreflektiert.

Unternehmen, deren Mitarbeitende lieber den Mund halten, müssen auf deren Kompetenz, ihre Ideen und Erfahrungen verzichten. Es ist wichtig, mit meiner Führungskraft und dem Team zu teilen, was ich gut kann und was ich gerne machen würde. Umgang mit Fehlern zu kommunizieren kann helfen, diese an anderer Stelle zu vermeiden. Erfahrungen aus vergangenen Projekten zu kommunizieren spart Zeit und Geld. Es ist ein großer Gewinn für ein Unternehmen, wenn die interne und externe Kommunikation von Erfolgen, Innovationen und Werten des Unternehmens selbstverständlicher Bestandteil des Jobs wird. Ein wertschätzender Teamleader hat die wichtige Aufgabe, auch weniger extrovertierte Mitarbeitende sicht- und hörbar werden zu lassen. Das kann neben Schulungen zu individuell passenden Präsentationen auch z.B. ein Umstrukturieren von Meetings beinhalten.

Weniger sichtbare Mitarbeitende stehen aber auch ihrer persönlichen Karriere im Weg, weil keiner mitbekommt, was sie alles leisten. Nicht selten passiert es, dass die eigenen Ideen, wenn ich ihnen nicht angemessen Gehör verschaffe, von Kollegen aufgegriffen und ihnen dann auch zugeschrieben werden. Oder wir überlegen zu lange, ob wir uns äußern und schwupp, hat jemand anders unsere schlauen Gedanken ausgesprochen und wir waren mal wieder nicht zu hören. Das Betonen eigener Ideen, Fähigkeit und Erfolge sollte aus der Schmuddelecke des Angebens herausgeholt werden und eher als Inspiration für das ganze Team erlebbar sein. Ein Sprechtraining kann dem Team oder einzelnen Mitarbeitenden dabei helfen, den richtigen Ton zu finden und Freude an der Sicht- und Hörbarkeit zu entwickeln.

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Dies gilt gerade dann, wenn dieser Eindruck akustischer Art ist.

Kann meine Stimme mir in Geldfragen helfen, also mehr Gehalt zu bekommen, einen Pitch zu gewinnen oder einen Kredit zu erhalten?

Unsere Stimme löst in unserem Gegenüber etwas aus – immer. Die Wirkung ist individuell, aber es gibt Tendenzen, die sich über alle Sprachen und Völker hinweg ähneln. Das wurzelt ganz tief in unserer DNA. Eine tiefe Stimme wird mit dem Sexualhormon Testosteron in Verbindung gebracht: junge, kampfeslustige, starke, mutige Kerle. Deshalb wird ihnen das Führen eines Heers – oder eben eines DAX-Unternehmens – zugetraut. Aber: als zuverlässiger werden Männer mit höheren Stimmen interpretiert, gerade weil ihnen weniger Risikofreude zugeschrieben wird. Ein Anlageberater also darf gerne etwas höher sprechen…

Frauen haben ihre Stimmhöhe in den letzten Jahrzehnten abgesenkt, was mit der Emanzipation in Verbindung gebracht wird. Eine sehr hohe Frauenstimme wird es schwer haben, sich in einem häufig männlich dominierten Arbeitskontext durchzusetzen. Um zu überzeugen sollte frau aber nicht ihre natürliche Stimmlage nach unten drücken – da gibt es wirksamere Mittel.

Wie wir uns stimmlich darstellen, wieviel Raum wir einnehmen und wieviel Präsenz wir uns zugestehen, hat definitiv einen Einfluss auf unsere Wirkung und unseren beruflichen Erfolg. Ganz wichtig ist es, mit dem Gegenüber im interessierten Kontakt zu bleiben, Fragen zu erkennen, flexibel auf Stimmungen zu reagieren, und nicht in ein Text- und Argumente-abspulen zu verfallen. Non-verbale Aspekte wie eine aufrechte Körperhaltung, offener Blickkontakt und angemessene Gestik und Mimik sind genauso wichtig, wie eine angenehme Stimme und situationsangepasste, glaubwürdige Sprache. Fachliche Kompetenz bildet die Basis, sprecherisches Können ermöglicht eine effektive Vermittlung.

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Wenn die Stimme zittert – welche SOS-Übung hilft sofort?
Aufrichten und ausatmen! Meine Lieblingsübung zur schnellen Beruhigung des Nervensystems ist die 4-7-8-Übung: Ich atme ein und zähle dabei bis 4. Danach halte ich den Atem für 7 Takte und atme anschließend für 8 Takte aus, am besten mit einem /f/. Viele Menschen finden auch Bewegungsabläufe aus dem Qigong hilfreich. Was viele nicht wissen: Wenn mir die Abläufe geläufig sind, kann schon die Vorstellung der entsprechenden Bewegung einen positiven Effekt haben. Hilfreich, wenn die Situation das Durchführen nicht hergibt, weil z.B. zu viele Menschen um mich herum sind.
Was kann man tun, wenn die Stimme vor Aufregung ganz hoch klingt?
Ein hoher Stimmklang zeigt an, dass die Stimmbänder unter Spannung stehen. Diese Spannung wird häufig durch mentale Anspannung ausgelöst, die sich auf unseren Muskeltonus überträgt. Ein Gleitton – wie eine Sirene – von oben nach unten hilft, die Stimmbänder aus der Anspannung in die Entspannung zu führen. Auch sanftes Summen in verschiedenen Tonlagen und das Ausschütteln des Körpers entspannen Muskeln, Nerven und Stimme. Mein Lieblingstipp: Mache kurz bevor du zu sprechen beginnst ein kurzes „mmh“, so als ob du am Telefon jemanden in seiner Erzählung bestätigen wolltest: Dieses „mmh“ erdet deine Stimme in einer natürlich-tieferen Lage und ist als Vibration im Körper spürbar – das entspannt zusätzlich. Selbst im laufenden Gespräch wird niemand dieses Geräusch als „Stimmübung“ identifizieren.
Was hilft deiner Erfahrung nach bei den meisten Menschen am besten, die unter Lampenfieber leiden?
Sich körperlich, stimmlich, artikulatorisch und mental aufzuwärmen, sollte ein festes Ritual vor wichtigen Sprechbeiträgen werden. Ich kann mich ausschütteln und dehnen, zu meinem Lieblingssong tanzen, wilde Grimassen machen und sanft Summen. Außerdem kann ich mir Mut machen, indem ich freundlich mit mir selbst spreche, anstatt mich mit einem „das-wird-bestimmt-nix“ selbst zu schwächen. Gute, individuell passende Vorbereitung ist das A und O. Manche Sprechtrainer empfehlen, alles genau auszuarbeiten, bis zum letzten Atemzeichen. Daran glaube ich nicht, weil es einem flexiblen und offenen Umgang mit der aktuellen Situation im Wege steht. Viel wichtiger finde ich es, mit dem Publikum echten Kontakt und Interaktion aufzubauen. Dafür ist es hilfreich, mit Stichworten zu arbeiten, die man unterschiedlich festhalten kann. Gerade bei der Vorbereitung kann man einiges machen, um ruhiger in eine herausfordernde Sprechsituation zu gehen. Einer der größten Fehler beim Sprechen ist das Weggucken. Oft steht dahinter der Gedanke „wenn ich nicht hinschaue, dann sehe ich ja auch nicht, wieviele Menschen mich anstarren“. Aber es ist viel beruhigender, „der Angst“ ins Gesicht zu sehen und zu erkennen, dass es meistens sehr wohlgesonnene Menschen sind, die mir vielleicht sogar aufmunternd zunicken. Lampenfieber ist ein guter, leistungssteigernder Mechanismus – auch wenn wir uns darüber nicht immer freuen. Wenn Lampenfieber sich aber zur Redeangst auswächst, sollte man sich professionelle Unterstützung suchen.

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Wie trainiere ich meine Stimme, um zum Beispiel in einem Vorstellungsgespräch zu überzeugen? Hast du eine Übung für uns?
Ein geerdeter, aufrechter Körper tönt mit einer kraftvollen Stimme. Daher: Kiefer lösen (nicht nuscheln), Körper aufrichten (stolzes Brustbein), unterstützende Gestik nutzen, angemessenen Blickkontakt suchen und auch gut zuhören. Schöne Kräftigungs- und Aufwärmübungen lassen sich mit den Lauten /w/ und /z/ (wie in „Sahne“) machen. Man kann sich zum Beispiel vorstellen, eine betrunkene Fliege mit dem Finger zu verfolgen und das Geräusch dabei nachstellen: Sie wird mal laut, mal leise, mal hoch, mal tief durch dem Raum summen. Auch ein kräftiges Windgeräusch auf /w/ stärkt Atmung und Stimme.

Wie lerne ich, auf den Punkt zu kommen und prägnanter zu formulieren?

Wir haben oft das Bedürfnis, sofort alles zu einem Thema abzuliefern, was wir wissen und was uns gerade in den Kopf kommt. Immer weiter zu ergänzen, noch ein Detail zu nennen, ohne im Blick zu behalten, was davon bei unserem Gegenüber angekommen ist. Dabei wirken kurze Sätze, da sind sich Forscher einig, viel schlauer und sind besser verständlich. Meine Lieblingsübung ist die „Was ist ein Stuhl?-Übung“. Es geht darum, Dinge, Begriffe oder Projekte in (nur und genau) drei Sätzen zu beschreiben. Nehmen Sie Ihre drei Aussagen dazu mit der Diktierfunktion Ihres Smartphones auf. Machen Sie wirklich drei einzelne, in sich abgeschlossene Aussagen? Versteckt sich vielleicht zwischen der zweiten und dritten ein „und“? Dieses „und“ verleitet uns zu Aufzählungen. Wenn ich meine Wahrnehmung für kurze Sätze geschult habe, kann ich mich entscheiden, wie ich meine Sprache flexibel einsetzen möchte, und lande nicht in Girlandensätzen, mit denen ich mich um Kopf und Kragen rede.
Wie hältst du deine Stimme in Form?
Ich kenne meine Stimme so gut, dass ich sie nicht extra „trainieren“ muss. Meine Stimme ist dann stark, wenn ich voll im Geschehen bin, neugierig, begeistert, berührt. Dann bediene ich die lauten, leisen, hohen und tiefen Töne ganz selbstverständlich. Aber auch meine Stimme reagiert auf Frust, Stress und Ärger. Dann muss ich mich ans Pause-machen erinnern und kann mir Kraft aus der Atmung und aus der Bewegung holen. Und wenn’s ganz schlimm wird, hilft es auch mal, so richtig laut zu fluchen!

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