Unsere Stimme beeinflusst unser Leben
Kennen wir das nicht alle? Bei einer Präsentation oder einem Vortrag, im Gehaltsgespräch oder beim Kennenlernen sind wir aufgeregt. Das Herz schlägt schneller, wir atmen flacher, unsere Stimme zittert und klingt seltsam hoch. Jetzt wünschen wir uns nur noch eins: Souveränität und Stimmgewalt. Wie dann Ruhe gelingt und die Stimme wieder unter Kontrolle gerät, weiß Stimm- und Sprechtrainerin Birte Heckmann.
Im Interview: Birte Heckmann
Birte ist Logopädin und selbstständige Stimm- und Sprechtrainerin aus Hamburg. Sie arbeitete als Sprecherzieherin am Staatstheater, als Hochschul- und Schauspielschuldozentin, als Moderatorentrainerin beim Radio, als Speakerin auf internationalen Kongressen und ist Buchautorin.
Mehr über Birte Heckmann gibt’s auf ihrer Website.
Buchtipp: Stimme macht Erfolg
Wie wir unsere Stimmkraft stärken, um zu überzeugen und besser anzukommen, verrät Birte Heckmann in ihrem Buch „Stimme macht Erfolg“ und gibt Tipps zur Vorbereitung und Umsetzung von Präsentationen, Moderationen oder Meetings, Übungen zur Stimmkräftigung, sprecherisches Know-how und SOS-Strategien bei Sprechangst und Nervosität.
Unsere Highlights: Die vielen Praxistipps und Übungen, zum Beispiel im Kapitel „Atem und Stimme“ und „Work it, Baby!“. „Schnee-Engelchen“, „Wackeldackel“ oder „das Baddelgesicht“ lösen Spannungen und stärken die Körperpartien, die in Verbindung mit der Stimmmuskulatur stehen. Und das Beste: Birtes Übungen stärken nicht nur Stimme, Körper und Mentalität, sie machen auch gute Laune. Haben wir doch endlich die Erlaubnis, unter der Dusche zu singen und den Biss ins Brötchen mit einem genüsslichen „Mmmmmmh!“ zu begleiten.
„Stimme macht Erfolg“ von Birte Heckmann,
Ariston Verlag, 22 Euro.
Es gibt spannende Studien, die belegen, dass die Stimmlage des CEO und der Umsatz seines Konzerns korrelieren. Platt gesagt: Chefs mit tieferer Stimme generieren für das Unternehmen – und für sich selbst – mehr Geld. Unsere Stimme und unsere Art zu sprechen haben Einfluss darauf, wie wir wahrgenommen werden. Ein Berater mit brüchiger Stimme wird als weniger fit und verlässlich empfunden – das kann zum Beispiel bei älteren Mitarbeitenden ein Problem werden. Eine schrille Frauenstimme lädt nicht dazu ein, ihr interessiert zu folgen, ein Nuschler transportiert wenig Interesse am Gegenüber. Viele Faktoren, die unser Gehirn bei der Verarbeitung von Stimme und Sprache interpretiert, bekommen wir gar nicht mit und reagieren entsprechend unreflektiert.
Unternehmen, deren Mitarbeitende lieber den Mund halten, müssen auf deren Kompetenz, ihre Ideen und Erfahrungen verzichten. Es ist wichtig, mit meiner Führungskraft und dem Team zu teilen, was ich gut kann und was ich gerne machen würde. Umgang mit Fehlern zu kommunizieren kann helfen, diese an anderer Stelle zu vermeiden. Erfahrungen aus vergangenen Projekten zu kommunizieren spart Zeit und Geld. Es ist ein großer Gewinn für ein Unternehmen, wenn die interne und externe Kommunikation von Erfolgen, Innovationen und Werten des Unternehmens selbstverständlicher Bestandteil des Jobs wird. Ein wertschätzender Teamleader hat die wichtige Aufgabe, auch weniger extrovertierte Mitarbeitende sicht- und hörbar werden zu lassen. Das kann neben Schulungen zu individuell passenden Präsentationen auch z.B. ein Umstrukturieren von Meetings beinhalten.
Weniger sichtbare Mitarbeitende stehen aber auch ihrer persönlichen Karriere im Weg, weil keiner mitbekommt, was sie alles leisten. Nicht selten passiert es, dass die eigenen Ideen, wenn ich ihnen nicht angemessen Gehör verschaffe, von Kollegen aufgegriffen und ihnen dann auch zugeschrieben werden. Oder wir überlegen zu lange, ob wir uns äußern und schwupp, hat jemand anders unsere schlauen Gedanken ausgesprochen und wir waren mal wieder nicht zu hören. Das Betonen eigener Ideen, Fähigkeit und Erfolge sollte aus der Schmuddelecke des Angebens herausgeholt werden und eher als Inspiration für das ganze Team erlebbar sein. Ein Sprechtraining kann dem Team oder einzelnen Mitarbeitenden dabei helfen, den richtigen Ton zu finden und Freude an der Sicht- und Hörbarkeit zu entwickeln.
Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Dies gilt gerade dann, wenn dieser Eindruck akustischer Art ist.
Birte Heckmann Tweet
Unsere Stimme löst in unserem Gegenüber etwas aus – immer. Die Wirkung ist individuell, aber es gibt Tendenzen, die sich über alle Sprachen und Völker hinweg ähneln. Das wurzelt ganz tief in unserer DNA. Eine tiefe Stimme wird mit dem Sexualhormon Testosteron in Verbindung gebracht: junge, kampfeslustige, starke, mutige Kerle. Deshalb wird ihnen das Führen eines Heers – oder eben eines DAX-Unternehmens – zugetraut. Aber: als zuverlässiger werden Männer mit höheren Stimmen interpretiert, gerade weil ihnen weniger Risikofreude zugeschrieben wird. Ein Anlageberater also darf gerne etwas höher sprechen…
Frauen haben ihre Stimmhöhe in den letzten Jahrzehnten abgesenkt, was mit der Emanzipation in Verbindung gebracht wird. Eine sehr hohe Frauenstimme wird es schwer haben, sich in einem häufig männlich dominierten Arbeitskontext durchzusetzen. Um zu überzeugen sollte frau aber nicht ihre natürliche Stimmlage nach unten drücken – da gibt es wirksamere Mittel.
Wie wir uns stimmlich darstellen, wieviel Raum wir einnehmen und wieviel Präsenz wir uns zugestehen, hat definitiv einen Einfluss auf unsere Wirkung und unseren beruflichen Erfolg. Ganz wichtig ist es, mit dem Gegenüber im interessierten Kontakt zu bleiben, Fragen zu erkennen, flexibel auf Stimmungen zu reagieren, und nicht in ein Text- und Argumente-abspulen zu verfallen. Non-verbale Aspekte wie eine aufrechte Körperhaltung, offener Blickkontakt und angemessene Gestik und Mimik sind genauso wichtig, wie eine angenehme Stimme und situationsangepasste, glaubwürdige Sprache. Fachliche Kompetenz bildet die Basis, sprecherisches Können ermöglicht eine effektive Vermittlung.
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