Modeikone Iris Apfel ist gestorben
Ob als Modedesignerin, Model, Mentorin oder Muse – Iris Apfel inspirierte. Und lebte konsequent ihr Motto: „Mehr ist mehr und weniger ist langweilig.“ finanzielle-Autorin Katharina von Freyburg hat sich die Lebensphilosophie der Ikone genauer angesehen und die wichtigsten Learnings aus dem Leben der Iris Apfel für uns zusammengefasst. Wir erinnern an eine große Persönlichkeit.
„Wenn Du dich nicht interessierst, bist Du auch nicht interessant.“
Iris Apfel Tweet
Die Lebenslektionen von Iris Apfel
Sie wollen Tipps von einer, die es im Big Apple geschafft hat. Die zu den ganz Großen gehört – in der Kreativszene und Fashionbranche. Doch so leicht machte es Iris Apfel (102) den Modestudent:innen, die sie für ein Förderprogramm der Universität Texas coacht, nicht: „Ich denke, junge Leute wollen eine Roadmap. Sie möchten, dass jeder ihnen sagt, was sie tun sollen, wodurch alle gleich sind. Du musst rausgehen und es selbst herausfinden.“
Und genau war Iris’ Erfolgsrezept. Losziehen und die Chancen nutzen, die sich unterwegs auftun. Nach einem Bachelor in Kunstgeschichte heuert sie als „copy girl“ beim Modemagazin „Women’s Wear Daily“ an, erledigt Botengänge. Sie steigt ins Redaktionsteam auf, knüpft Kontakte zu Designer:innen und arbeitet schließlich als Innenarchitektin. Mit ihrem Mann Carl Apfel beginnt sie 1950 antike Stoffe zu reproduzieren, die es bis ins Weiße Haus schaffen. Bis zum Verkauf des Unternehmens 1992 übernimmt sie regelmäßig Restaurierungsprojekte im Regierungssitz, unter anderem für Kennedy, Reagan und Clinton. Weltberühmt wird sie jedoch erst 2005 durch eine Ausstellung des Metropolitan Museum of Art. Ihre private Sammlung an eklektischem Schmuck und Mode macht sie zum Shootingstar. Sie modelt für Mac und Tommy Hilfiger und gestaltete zu ihrem 100.Geburtstag eine Kollektion mit H&M.
Iris Apfel, die es sogar als Emoji gibt, ist aus der Popkultur nicht wegzudenken. In ihren Büchern, als Honorarprofessorin und auf Instagram teilte sie ihre Lebenserfahrung mit den Fans.
Das sind ihre wichtigsten Lektionen:
1. Denk nicht zu viel über dein Alter nach
Alter war für Iris Apfel nur eine Zahl. Die sie niemals von neuen Vorhaben abhalten konnte und über die sie sich keine Gedanken machte. „Ich habe festgestellt, dass die Arbeit sehr gesund für mich ist. Ich liebe, was ich tue, und ich bin mit Leib und Seele dabei“, schrieb sie in ihrer Biografie „Stil ist keine Frage des Alters“ – ohne das Älterwerden zu verherrlichen. „Alt werden ist nichts für Weicheier“, gibt sie zu. „Du fängst an auseinanderzufallen, aber du musst dich einfach aufraffen und dich zusammenreißen.“ Gibt es eine Alternative? Nein, also nutze die Zeit, die du hast, und deine Erfahrungen – für dich, dein Umfeld und die Gesellschaft.
Feiere deine Erfolge – jedoch nicht alleine
Es kann einsam werden an der Spitze, wie Studien unter Topmanager:innen immer wieder zeigen. Umso wichtiger, jemanden an der Seite zu haben, der einen bedingungslos unterstützt – wie Carl Apfel seine Iris. „Jeder, der ihn kannte, weiß, er war ein echter Gentleman“, schrieb die New Yorker Geschäftsfrau in ihrer Biografie über ihren Mann, der 2015 im Alter von 100 Jahren starb. „Sein Humor und seine Großzügigkeit waren legendär“, erzählt sie weiter. „Er schubste mich ins Rampenlicht und sonnte sich in meinem Erfolg. Für ihn war mein Applaus immer viel wichtiger als für mich selbst.“ Halte Ausschau nach deinen Cheerleadern. Umgib dich mit Menschen, die sich aufrichtig für dich freuen.
3. Finde das, was dich begeistert, und häng dich rein
Es gibt noch etwas, worauf Iris Apfel immer vertraute, sobald ein neues Projekt anstand: ihre Intuition. „Wenn etwas aufregend und interessant klingt, tue ich es – und mache mir später Gedanken darüber“, so Apfel. „Um neue Dinge zu tun, muss man unglaublich energiegeladen und stark sein. Es strengt an, Dinge in die Tat umzusetzen, sich Neues anzueignen, die Ängste links liegen zu lassen. Die meisten Menschen schwimmen lieber mit dem Strom; das ist einfacher. Aber es ist nicht so interessant.“ Also öfter aufs Bauchgefühl hören. Und paart man dann – wie Iris – Begeisterung mit Ausdauer, kommt auch der Erfolg.
Fakten zu Iris Apfel
Geboren am 29. August 1921, gestorben am 1. März 2024
Als Einzelkind in Queens, NYC, geboren, wuchs sie auf der Farm der Großeltern auf. Ihre Mutter hatte eine Modeboutique und putzte Iris gern heraus. Schon als Zwölfjährige erkundete sie mit der U-Bahn Manhattan – und seine AntikShops. Auf Familienreisen ins Ausland sog sie alles „wie ein Schwamm“ auf.
Für seine Doku „Iris“ (2014, Apple TV) begleitete Regisseur Albert Maysles die damals 93-Jährige und ihren Mann Carl mit der Kamera auf Events, Flohmärkten und Medienterminen, in beruflichen wie privaten Momenten.
97 Jahre alt war Iris Apfel, als sie offiziell Model wurde: Die Agentur IMG, die auch Gigi Hadid vertritt, nahm sie 2019 unter Vertrag – angeblich auf Initiative von Tommy Hilfiger.
Mit unzähligen Bildern und schlauen Erkenntnissen: In ihrer bunt gestalteten Biografie „Iris Apfel: Stil ist keine Frage des Alters“, (Midas Collection, 25 €) erzählt sie, was sie antreibt, woher sie kommt und wie sie zu einer schillernden Persönlichkeit wurde.
4. Es ist nie zu spät, Neues für sich zu entdecken
Als ältester lebender Teenager, wie sich Iris selbst bezeichnete, war ihre Lust an neuen Erfahrungen immer ungebrochen: „Wenn man jung bleiben will, muss man jung denken. Ein Sinn für Wunder, ein Sinn für Humor und ein Sinn für Neugierde – das sind meine Stärkungsmittel“, verriet sie. „Offen für neue Menschen und Dinge, bereit für ein neues Abenteuer. Ich möchte nie ein alter Knacker sein!“ Mit diesem Mindset wagte sie sich in ungewohntes Terrain: Sie verpasste einer limitierten Barbie den extravaganten Apfel-Look, bringt ein autobiografisches Malbuch heraus, designte Teppiche mit farbenfrohen Tiermotiven. Diese Offenheit für Neues lässt sich leicht in den Alltag holen: mit dem lang aufgeschobenen Theaterbesuch, einem neuen Hobby, einer Fortbildung im Job. Lass dich vom Leben überraschen!
5. Steh zu deinen Falten
Von Schönheits-OPs oder ausgefeilten Beauty-Routinen, um jünger zu wirken, hält Iris nicht viel: „Falten sind völlig in Ordnung. Wenn man älter ist, ist es dumm, Jahre jünger auszusehen, denn das glaubt einem niemand. Wenn man mit 75 eine Schönheits-OP hat, hält einen trotzdem niemand für 30.“
6. Sei du selbst, aber keine Insel
Was andere von ihrem Modegeschmack halten? Scherte Iris nicht. Sie hat früh gemerkt, dass sie sich selbst treu sein muss, um glücklich zu werden. „Mein Kleidungsstil mag für manche vielleicht ‚anders‘ oder ‚exzentrisch‘ wirken, die allem ein Etikett aufdrücken müssen, aber das ist mir egal.“ Dennoch war sie sich stets bewusst, dass sie nahbar bleiben muss: „Es ist ein großer Unterschied, ob man als originell wahrgenommen und dafür akzeptiert oder sogar geliebt wird, oder ob man dich als originell wahrnimmt und dafür verachtet.“ Vielleicht ein Grund, warum sie sich zur Kooperation mit H&M entschied? Bunt, barock, behangen – alles andere als Alltagsmode und trotzdem waren ihre Entwürfe im Frühjahr 2022 innerhalb kürzester Zeit ausverkauft. Ein Stückchen Apfel für alle.
7. Verbring nicht zu viel Zeit auf Social Media
Obwohl ihr auf Instagram mittlerweile über 2,9 Millionen Menschen folgen und sie die Plattform auch nutzte, um aktuelle Kooperationen zu bewerben, war sie den sozialen Medien gegenüber kritisch eingestellt: „Es ist eine enorme Zeitverschwendung, aber die Menschen können nicht ohne sie leben.“ Gerade Jüngere, so befürchtete sie, würden so ihre Neugierde auf die Welt verlieren. Ihr Appell an die junge Generation: „Sie müssen aufhören, Knöpfe zu drücken, und anfangen, sich umzuschauen, die Rosen riechen und erkennen, dass es da draußen eine große Welt gibt und dass sie ein Teil davon sind.“
8. Stil hat nichts mit Geld zu tun
Sie setzte auf Farb- und Mustermix, kombinierte unterschiedliche Stoffe, trug Luxuslabel zu Kaufhausware. Hauptsache, sie gefiel sich selbst darin. „Stil hat nichts mit teurer Kleidung zu tun. Sie können noch so viel Geld haben, allein davon kommt aber kein Stil“, schrieb sie. Ob ein Armreif drei oder 3000 Dollar gekostet hat, spielte für Iris keine Rolle: „Es geht nicht darum, was Sie tragen, sondern wie Sie es tragen.“
9. Verzichte auf Junkfood
Auch in Sachen Ernährung folgte sie keinem starren Plan. Ihren Tag begann sie oft mit frisch gepresstem Orangensaft und Porridge. Sie aß gern mageres Fleisch, Fisch und viel Gemüse. Aber auch mal ein schönes Steak oder ein Stück Kuchen. „Ich habe immer sehr gut gegessen. Ich habe mir beigebracht, niemals Junkfood zu essen. Ich trinke keine Limonade und sehr selten Alkohol.“
10. Du scheiterst nur, wenn du es nicht versuchst
An guten Ideen mangelt es den wenigsten, was fehlt, ist der Mut, sie umzusetzen. Dahinter steckt – stets präsent in unserer Leistungsgesellschaft – die Angst zu versagen. Iris’ Rezept dagegen? Einfach mal loslegen: „Ich wollte ein Unternehmen gründen und Stoffe herstellen, also fand ich heraus, wie man das macht. Hätte ich mir über die Eröffnung von Old World Weavers zu viele Gedanken gemacht, wären mir wohl nur die ganzen Hindernisse eingefallen und ich hätte meinen Traum aufgegeben.“