Pinkvestiert ist die Kolumne von Karina Metzdorf, die auf der Grafik zu sehen ist
Foto: Angelika Graf

Warum Sicherheit im Depot heute bewusster gedacht werden muss

Aktien für Wachstum, Anleihen für Stabilität, Gold als Notgroschen - fertig war das Depot. Was jahrzehntelang funktionierte, führt heute nicht mehr automatisch zum Erfolg. Was jetzt? Das rät unsere Kolumnistin Karina Metzdorf von "Börse in Pink".

Früher war Absichern einfach

Früher, so sagt man, war ja alles besser. Und tatsächlich: damals konntest du nach Kochrezept investieren. Da hast du Aktien für Wachstum eingesetzt, Staatsanleihen für Ruhe, und mit ein bisschen Gold hast du noch breiter diversifiziert. Fertig war das Sicherheitskonzept für’s Depot.

Heute funktioniert dieses einfache Kochrezept nicht mehr. Aktien und Anleihen laufen plötzlich parallel, Währungen verlieren an Wert und Vertrauen, und Gold hat vielerorts die Rolle übernommen, die früher Staatsanleihen innehatten. Selbst vermeintliche Klassiker reagieren seit einiger Zeit nicht mehr zuverlässig.

Wenn du dein Depot heute absichern willst, solltest du dir deshalb zuerst diese eine Frage stellen:
Wovor eigentlich?

Vor Kursschwankungen? Vor Inflation? Vor politischen Risiken? Oder davor, im falschen Moment verkaufen zu müssen?

Wenn du heute von „Sicherheit“ im Depot sprichst, meinst du womöglich etwas ganz anderes als jemand anderes. Zeit also, das Rezeptbuch zuzuklappen und einen Blick auf die Zutaten zu werfen, die dein Depot heute wirklich widerstandsfähiger machen.

Sicherheit beginnt mit einer Entscheidung

An der Börse gilt ein einfaches Prinzip: Rendite gibt es nur gegen Risiko.

Mit Rendite wirst du dort belohnt, wo du bewusst Risiken eingehst. Und Risiken gibt es derzeit reichlich: geopolitische Unsicherheit, Inflation, Rezessionsängste und Währungsrisiken.

Absicherung kann deshalb nicht bedeuten, Risiken komplett auszublenden. Entscheidend ist, welche Risiken du tragen willst – und welche nicht. Denn Risiko fühlt sich für jede Anlegerin anders an.

Verluste tun immer weh, schließlich ist es dein hart erarbeitetes Geld. Aber nicht jeder Verlust ist gleich kritisch. Manche sind aushaltbar, andere gefährden deine Strategie.

  • Wenn du langfristig Vermögen aufbaust, ist Inflation oft gefährlicher als kurzfristige Kursrückgänge. 
  • Musst du bald auf dein Geld zugreifen, wird Volatilität zum echten Risiko. 
  • Und politische Risiken treffen vor allem dort, wo Kapital gebunden ist.

Es überrascht dich jetzt also nicht, dass es kein allgemeingültiges Sicherheitsrezept gibt. Häufig heißt es, Anleihen würden sich gegenläufig zu Aktien entwickeln, Gold würde gegen Inflation schützen und Cash solle Sicherheit bieten. Aber ist das noch so?

Die drei Zutaten greifen heute ins Leere, wenn sie nicht mit einer klaren Absicht eingesetzt werden. Denn sie dämpfen nicht automatisch das Risiko, das für deine Strategie wirklich kritisch ist.

Lies auch:

Als die alten Rezepte noch funktionierten

Staatsanleihen: sicherer Schuldner, wackeliger Ruhepol

Staatsanleihen gelten als sicher, und sind das auch, zumindest auf dem Papier. Länder wie Deutschland oder die USA werden ihre Schulden zurückzahlen, selbst bei hoher Verschuldung.

Hand aufs Herz: Darum geht es dir im Depot doch gar nicht. Du willst nicht nur dein Geld zurück. Du willst, dass es dich in stressigen Marktphasen stabilisiert.

Aber genau hier enttäuschen Staatsanleihen heute häufiger. Hohe Inflation hebelt den alten Ausgleichseffekt aus. Aktien und Anleihen laufen dann plötzlich parallel: sie fallen gemeinsam oder schwanken gleichzeitig. Das ist nicht mehr der Puffer, auf den du früher gesetzt hast.

Und wenn du zusätzlich in ausländische Staatsanleihen investierst, kommen auch noch die Währungsrisiken dazu. In diesem Jahr hat ein sinkender US-Dollar die Anleiherendite aufgefressen.

Staatsanleihen sind also kein Sicherheitsanker für jede Wetterlage mehr. 

Gold: stark in der Krise, eigenwillig im Alltag

Gold hat in den letzten Jahren geliefert. Und wie! Sogar besser als der MSCI World. 

Das stärkt das Vertrauen und macht Gold attraktiver.

Doch Gold ist kein Ruhepol. Es schwankt. Teils deutlich. Es zahlt keine laufenden Erträge und wächst nicht mit der Weltwirtschaft. Es kann dich vor Währungs- und politischen Risiken schützen. Aber es ist kein Beruhigungsmittel für dein Depot.

Lies auch:

Cash: Kontrolle heute, Kaufkraftverlust morgen

Dann vielleicht Bargeld? Cash fühlt sich gut an. Übersichtlich. Greifbar. Kein Kursrisiko, kein Stress, jederzeit verfügbar. Gerade in nervösen Phasen ist das ein echter Vorteil.

Aber Cash ist kein Schutz vor Wertverlust. Inflation arbeitet leise, aber konsequent. Sie frisst Kaufkraft, egal ob das Geld auf dem Girokonto liegt oder unter dem Kopfkissen.

Cash gibt dir Kontrolle im Moment, aber keinen Schutz für die Zukunft.

Früher hätte eine einzelne Zutat für Sicherheit im Depot ausgereicht. Aber heute funktioniert das nicht mehr. Zu hoch sind die Korrelationen im Finanzsystem, zu komplex die Einflussfaktoren.

Sicherheit entsteht heute nicht mehr durch ein einzelnes Asset, sondern durch das Zusammenspiel verschiedener Zutaten, die auf unterschiedliche Risiken reagieren.

Lies auch:

Teamarbeit für dein Depot

Anleihen, Gold oder Cash haben keinesfalls ausgedient. Aber sie funktionieren heute nicht mehr als Allzwecklösung. Erst mit klarer Aufgabe im Depot entfalten sie ihre Wirkung.

In der Praxis hilft es, Sicherheit aufzudröseln. Die wichtigsten Risiken im Depot lassen sich in vier Dimensionen einteilen.

  1. Kursschwankungen 

Wenn dich starke Schwankungen nervös machen oder du Gefahr läufst, im falschen Moment emotional zu verkaufen, brauchst du Bausteine, die kurzfristig stabilisieren: kurzlaufende Staatsanleihen hoher Bonität und Cash. Sie halten dich ruhig; aber reich machen sie dich nicht.

  1. Inflation

Wenn dein Geld langfristig arbeiten soll, ist Inflation dein größter Gegner. Hier helfen Sachwerte: Aktien, Immobilien, Rohstoffe und ja, auch Gold. Sie sind zwar nicht schwankungsfrei, repräsentieren aber reale Werte.

  1. Liquiditätsstress

Musst du in schwierigen Marktphasen auf dein Geld zugreifen, brauchst du Reserven. Cash, Geldmarktfonds und Gold verschaffen dir Zeit und Handlungsspielraum. Sie sind kein Renditebaustein, sondern eine strategische Absicherung gegen Zwangsverkäufe.

  1. Politische und systemische Risiken

Diese Risiken sind schwer kalkulierbar, aber Gold, der Schweizer Franken, und leider auch Rüstungsaktien haben sich hier in der Vergangenheit bewährt. Ob und wie du solche Bausteine einsetzt, ist keine moralische, sondern eine strategische Entscheidung.

Ein neues Rezept muss her!

Früher war Investieren wie Kochen nach Anleitung. Ein Rezept für alle: Aktien, Anleihen, ein bisschen Gold. Fertig war der Zaubertrank.

Dieses Rezept schmeckt heute nicht mehr. Nicht, weil die Zutaten schlecht wären. Sondern weil sich die Küche verändert hat. Mehr Unsicherheit, mehr Hitze, mehr Einflussfaktoren. Sicherheit ist heute kein Fertiggericht mehr, sondern eine bewusste Zusammenstellung.

Heute bestimmen die Risiken, welche Zutaten in dein Depot gehören. Manche halten dich ruhig, andere schützen dich vor Kaufkraftverlust. Wieder andere geben dir Flexibilität, wenn es ungemütlich wird. Keine davon ist perfekt. Aber gemeinsam können sie funktionieren.

Risiken kannst du nicht komplett vermeiden, sonst gäbe es keine Rendite. Entscheidend ist, welche Risiken du bewusst in Kauf nimmst und wie du die Zutaten kombinierst.

Denn am Ende ist dein Depot kein Standardrezept.

Es ist deine Küche. Deine Zutaten. Deine Entscheidung.

Über Karina

Karina Metzdorf ist Elektrotechnikingenieurin, Hundemama und seit Jahren begeisterte Investorin an der Börse. Denn: „Ich wollte nicht bis zum Renteneintrittsalter arbeiten, sondern bereits früher ausscheiden und um die Welt reisen können.“ Diese Erkenntnis hat bei der heute 45-Jährigen nicht nur dafür gesorgt, dass das Investieren in Aktien, ETFs, Anleihen, Kryptowährungen und andere Anlageklassen ihr Hobby wurde – sie hat auch, als ihr klar war, dass die meisten ihrer Freundinnen das ihrem Mann überlassen, die Website Börse in Pink gegründet.

Karina Metzdorf
Foto: Angelika Graf

Jetzt teilen:

Neue Ausgabe von finanzielle: Inhaltsverzeichnis im Dezember 2025

Stronger together! Die neue finanzielle ist da!

Was braucht es, um wirklich erfolgreich zu sein? Ein tolles Team! Das ist nicht nur unsere finanzielle-Redaktion, sondern auch die drei Cover-Frauen unserer neuen Ausgabe. Weitere spannende Themen: Mach mehr aus deiner Altersvorsorge, konfliktfrei zusammenarbeiten, Immobilienkauf mit Freund:innen.

Weiterlesen »
Newsletter finanzielle
© Marcus Witte

Mach dich finanziell unabhängig

 – mit unserem Newsletter! 

Als DANKESCHÖN für deine 

NEWSLETTER-ANMELDUNG erhältst du 

das finanzielle eMagazin mit Lena Gercke und unserem beliebten ETF-Entscheidungsbaum!