Julia Pruns von Secure Funds
Secure Funds

Julia Prus kämpft für finanzielle Unabhängigkeit – und mehr Frauen im Fintech

Sie ist eine der wenigen Frauen in der Fintech-Szene – und will das ändern: Julia Prus entwickelt mit SecureFunds eine Lösung, die Freelancer:innen garantiert, was ihnen zusteht: ihr Geld. Ein Gespräch über digitale Schutzschilde, strukturelle Ungleichheiten – und warum finanzielle Unabhängigkeit mehr ist als ein Kontostand.

Julia Prus ist eine der wenigen Frauen, die die europäische Fintech-Szene mitgestalten. Gemeinsam mit Co-Founder Felix Levin Georg John hat sie SecureFunds gegründet – eine Lösung, die Freelancern garantiert, was ihnen zusteht: ihr Geld. Warum es mehr weibliche Perspektiven in Tech und Finanzen braucht – und weshalb sie sich nie in ein klassisches Rollenbild pressen ließ.

„Es geht um Selbstbestimmung – auch beim Bezahltwerden."

Es gibt diese Momente, in denen Julia Prus lieber gar nicht auftritt wie eine Gründerin aus der Fintech-Welt – schlicht, weil sie dort häufig nicht erwartet wird. Wenn sie auf Konferenzen spricht oder mit Investoren über ihr Startup SecureFunds verhandelt, ist sie oft die einzige Frau im Raum. Dabei ist sie keine Newcomerin: Seit fast sieben Jahren arbeitet Julia im Fintech-Bereich – angefangen in der Beratung, heute zwischen Produktentwicklung, Businessstrategie und digitaler Innovation. „Es ist erschreckend, wie männlich diese Branche weiterhin geprägt ist“, sagt sie. „Viele Frauen erleben, dass sie sich doppelt beweisen müssen – und das ist keine Floskel. Beim ersten Kontakt wird oft angenommen, dass ich Rücksprache halten muss, dass ich keine Ahnung vom technischen oder regulatorischen Teil habe. Erst wenn klar wird, dass ich die komplette Architektur eines Produkts überblicke, ändert sich die Tonlage.“

Und genau dieses Know-how nutzt sie heute, um eines der größten Probleme der modernen Arbeitswelt zu lösen: unbezahlte Rechnungen.

finanzielle: Julia, wie bist du eigentlich zum Fintech gekommen?

Julia Prus: Ich bin da eher zufällig reingerutscht. Ursprünglich hatte ich keine Ambitionen, im Finanzbereich zu arbeiten – aber ich hatte schon früh Berührungspunkte mit technischen Themen. Mein Einstieg war dann über die Beratung für ICOs, später kamen Projekte mit Neobanken, Wallet-Anbietern, Zahlungsdienstleistern. Nach und nach wurde Fintech mein Zuhause. Was mir von Anfang an wichtig war: Ich wollte Lösungen bauen, die aus der Nutzer:innenperspektive gedacht sind. Nicht einfach nur fancy Tech oder Buzzwords – sondern Tools, die echten Impact haben.

Was ist deine Vision mit SecureFunds?

Ganz klar: Ich will, dass Freelancer:innen sicher bezahlt werden. Aktuell sieht die Realität leider anders aus – viele warten ewig auf ihr Geld oder bekommen es gar nicht. Es gibt keine sichere Struktur, die wirklich beide Seiten schützt. SecureFunds ist unsere Antwort darauf.

Was genau ist SecureFunds?

SecureFunds ist eine technische Lösung, die Zahlungen zwischen Freelancern und Auftraggebern absichert – ohne Anwaltsdrohungen, ohne endloses Nachhaken, ohne Drama. Das Prinzip: Der Auftraggeber zahlt vorab auf ein Treuhandkonto ein. Sobald der Auftrag abgeschlossen ist, wird die Zahlung automatisch freigegeben. So entsteht eine faire, transparente Beziehung – bei der niemand mehr Angst haben muss, auf seinem Honorar sitzen zu bleiben. Freelancer übernehmen ein finanzielles Risiko, das eigentlich nicht ihrs ist. Viele wissen gar nicht, dass es rechtlich keine echte Absicherung gibt. Wird die Rechnung nicht bezahlt, bist du allein. Das wollten wir ändern – und haben mit SecureFunds eine Lösung geschaffen, die das Vertrauen in Auftragsverhältnisse digitalisiert.

Warum ist das so wichtig?

Rund 76 % aller Freelancer verbringen laut Studien jede Woche ein bis zwei Stunden damit, unbezahlte Rechnungen nachzuverfolgen. Fast 60 % warten auf offene Beträge von mehr als 50.000 US-Dollar. Gleichzeitig ist der Gang zum Anwalt langwierig, teuer und in vielen Fällen emotional belastend.
SecureFunds ist deshalb mehr als ein digitales Zahlungstool – es ist ein Schutzschild für alle, die selbstständig arbeiten. Ob Copywriterin, Beraterin, UX-Designer oder Creatorin: Wer selbstständig arbeitet, will sich auf seine Arbeit konzentrieren – nicht auf Mahnungen.

Was unterscheidet SecureFunds von bestehenden Lösungen?

Julia Prus vom Fintech Secure Funds

Viele bestehende Tools sind entweder zu kompliziert, zu teuer oder schlichtweg nicht auf Freelance-Prozesse angepasst. Wir denken radikal vom Use Case her – und setzen auf maximale Usability. Kein juristisches Kauderwelsch, keine Tech-Hürden. Und wir haben das Produkt so entwickelt, dass es sich nahtlos in bestehende Prozesse einfügt. Also keine zusätzliche App, kein kompliziertes Onboarding. SecureFunds ist eine sogenannte Middleware – sie wird in Plattformen oder Buchhaltungstools integriert oder kann eigenständig genutzt werden. Die Bezahlung läuft automatisiert über ein Escrow-Modell: Sobald der Vertrag startet, wird das Honorar sicher hinterlegt – wie bei einem digitalen Handschlag. Und erst wenn beide Seiten zufrieden sind, wird das Geld freigegeben. Das Ergebnis: weniger Stress, weniger Konflikte – und mehr finanzielle Sicherheit für Selbstständige.

Wie finanziert ihr euch – und was ist der Business Case?

Wir setzen auf ein transaktionsbasiertes Modell mit Zusatzfeatures. Heißt: Nutzer:innen zahlen nur dann, wenn sie die Lösung aktiv einsetzen. Zusätzlich denken wir über Premium-Features nach – etwa rechtliche Unterstützung, Zahlungserinnerungen, automatisierte Rechnungsstellung.
Investoren reagieren sehr positiv – gerade, weil das Modell skalierbar und gesellschaftlich relevant ist. Und weil wir ein echtes Problem lösen, das Millionen Menschen betrifft.

Was braucht die Fintech-Welt deiner Meinung nach am dringendsten?

Mehr Diversität – und zwar nicht nur auf dem Papier. Es reicht nicht, eine Frau ins Advisory Board zu setzen und sich dann Diversity auf die Fahne zu schreiben. Es braucht echte Teilhabe, Sichtbarkeit und Entscheidungsbefugnis.
Ich wünsche mir mehr Gründerinnen, mehr CTOs, mehr Produktchefinnen. Und mehr mutige Investor:innen, die in andere Narrative investieren als das klassische „Tech-Bro-Bild“.

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Was bedeutet finanzielle Unabhängigkeit für dich persönlich?

Alles. Für mich ist finanzielle Unabhängigkeit der Schlüssel zu Selbstbestimmung. Ich kann Projekte starten, Risiken eingehen, meine Zeit selbst einteilen – weil ich finanziell auf eigenen Beinen stehe. Das ist ein Privileg, aber auch ein Ziel, das mehr Frauen sich selbst zutrauen sollten.

Wenn du einen strukturellen Hebel in der Finanzwelt sofort verändern könntest – was wäre das?

Ich würde die Finanzbildung radikal vereinfachen – vor allem für junge Frauen. Viele trauen sich an Finanzen nicht ran, weil Sprache, Tools und Strukturen abschrecken. Dabei geht’s um Lebensrealität: Wie sichere ich mich ab? Wie investiere ich klug? Wie verhandle ich meinen Wert? Wenn wir das zugänglicher machen, verändert sich nicht nur die Finanzwelt – sondern auch die Gesellschaft.

Und was würdest du anderen Frauen raten, die in Tech oder Finanzen wollen?

Lasst euch nicht einschüchtern. Viele Prozesse sind nicht schwer – sie sind nur unnötig kompliziert erklärt. Holt euch Wissen, sucht euch Verbündete, stellt Fragen, und geht euren Weg. Auch wenn ihr die Einzige im Raum seid – bleibt laut. Wir brauchen euch da.

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© Marcus Witte

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