Finanzielle: ETFs sind momentan in aller Munde. Was kann ich darunter überhaupt verstehen?
Anja Ciechowski: Ein ETF (ein Exchange Trade Fund) ist ein börsennotierter Indexfonds, der die Wertentwicklung bekannter Marktindizes, wie DAX oder MSCI World, abbildet. Bildlich gesprochen ist ein ETF ein großer Blumenstrauß aus Aktien. Das Praktische: Der Strauß ist schon fertig gebunden und muss nicht mühselig selbst zusammengestellt oder kostenintensiv arrangiert werden.
Geht das mit dem Blumenstrauß noch konkreter?
Nehmen wir als Beispiel den deutschen Aktienindex Dax: Dieser Index zeigt an, wie viel die 40 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland wert sind. Ein ETF, der den Dax abbildet, würde nun genau diese 40 Aktien nachkaufen – und sich dann genauso im Wert entwickeln wie der Dax. ETFs sind genauso sicher wie aktiv verwaltete Fonds: Geld, das du in ETFs investiert hast, ist Sondervermögen und bei Pleiten des ETF-Anbieters geschützt.
Welchen Frauen würden Sie empfehlen, ihr Geld in ETFs anzulegen?
Jeder Frau, die ihre Altersvorsorge aufbessern oder Vermögen aufbauen will, würde ich raten, in ETFs zu investieren. Bei den meisten Sparplänen kann man bereits ab 25 Euro loslegen, manchmal sogar schon ab 10 Euro. ETFs sind somit eine sehr niedrigschwellige Geldanlage und die Hürde anzufangen, ist nicht so hoch wie beispielsweise bei einer Immobilie. Das ist toll, weil Frauen eben auch mit kleinen Beträgen starten können. Grundsätzlich gibt aber trotzdem einige Fälle, in denen ich davon abraten würde, in ETFs zu investieren.
Für wen sind ETFs als Geldanlage ungeeignet?
Wer in ETFs investiert, sollte mindestens 15 Jahre mitbringen. So lange sollten ETFs gehalten werden, schon allein, um Kursschwankungen an den Börsen aussitzen zu können. In der Zeit sollte das Geld bestenfalls nicht angerührt werden, obwohl das möglich ist. Dem sollte man widerstehen können. Wer keine 15 Jahre warten will, sondern beispielsweise nur ein bis fünf Jahre, der ist mit einem Tagesgeld- und Festgeldkonto besser beraten.
Was ist, wenn ich noch Schulden habe?
Frauen, die noch Altlasten mit sich rumtragen, die beglichen werden müssen, Kredite zum Beispiel fürs Studium, ein Haus, rate ich ebenfalls von ETFs ab. Sowas sollte immer erst abgezahlt sein, sonst fressen die Kreditzinsen quasi den ganzen Gewinn auf. Auch sollte erst anfangen langfristig zu sparen, wer bereits einen Notgroschen aufgebaut hat – mindestens drei Nettogehälter auf einem Tagesgeldkonto. Denn es wäre ja sehr schade, wenn in einem finanziellen Notfall, etwa weil das Auto oder die Waschmaschine kaputt gegangen ist, ETF-Anteile wieder verkauft werden müssten – schlimmstenfalls sogar mit Verlust.
Muss ich sehr risikofreudig sein, um in ETFs zu investieren?
Das ist der nächste Punkt, wie sicherheitsaffin bist du? Das Gute an ETFs ist, dass man sein Geld breit streut, in 100 oder besser sogar 1000 Titel weltweit, und damit das Verlustrisiko minimiert. Mit einem ETF auf den MSCI World beispielsweise investierst du in über 1.600 Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern, Branchen und mit unterschiedlichen Währungen. Wenn ein Unternehmen in Schieflage gerät, können andere das ausgleichen. Wie man bei der ETF-Suche vorgeht und wie man strategisch klug in ETFs investieren kann, kannst du hier bei finanzielle noch einmal genau nachlesen.
Was mache ich, wenn der Kurs schwankt?
Nichts. Das gehört dazu, das musst du aushalten können. Und eben nicht verkaufen, auch wenn es gerade schlecht aussieht. Klar kann man da mal nervös werden. Aber das muss man aussitzen und die Füße stillhalten. In der Corona-Krise gab es beispielsweise krasse Schwankungen am Markt. Die Leute, deren Nerven da mitgespielt haben, haben in dieser Zeit sogar nachgekauft. Die, die damals schnell verkauft hatten, werden sich hingegen geärgert haben. Da die Kurse sich anschließend relativ schnell wieder erholt hatten. Finanztip-Berechnungen haben gezeigt, dass Anleger, die in der Vergangenheit beliebige 15 Jahre in einen weltweit ausgerichteten Aktien-Indexfonds investierten, kein Geld verloren haben. Eben weil ein ETF Verlustrisiken auf viele Schultern verteilt und dadurch ausgleicht.
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Wenn ich das Gefühl habe, ein ETF-Typ zu sein, was ist mein erster Step?
Den einen ersten Step gibt es nicht. Der lässt sich nämlich variieren. Entweder, du eröffnest zuerst ein Wertpapierdepot, denn das braucht man zwingend, um ETFs kaufen zu können. Und anschließend schaust du dann, welche ETFs du dort kaufen kannst. Oder du suchst dir erst einen ETF aus, der zu dir passt und schaust dann, welche Broker und Banken, bei denen du ein Depot eröffnen kannst, diesen anbietet. Du kannst dann entweder einen Sparplan anlegen und dann, vergleichbar mit einem Dauerauftrag, monatlich eine bestimmte Summe investieren oder einmalig, zum Beispiel mit einem dreizehnten Gehalt oder Geld, dass du dir für diese Zwecke zurückgelegt hast. Beachten solltest du dann, dass der Fonds ein Anlagevolumen von mindestens 100 Millionen Dollar ausweist und schon mindestens fünf Jahre am Markt ist. Außerdem musst du entscheiden, ob du ausschüttende oder thesaurierende ETFs kaufen möchtest.
Was heißt das und wo ist der Unterschied?
Beim thesaurierenden ETF werden die Erträge aus Dividenden und Zinsen wieder angelegt. Dieses Reinvestieren der Erträge nennt sich Thesaurieren. Die Erträge eines ETFs mit ausschüttender Ertragsverwendung werden an die Inhaber der ETF-Anteile ausgeschüttet. Ich finde es einfach praktisch, wenn das Geld gleich wieder angelegt wird, weil man so vom Zinseszins profitiert. Aber letztlich ist das einfach Typsache.
Ein bisschen kompliziert klingt das schon. Kann ich das alleine machen?
Als Anfänger sollte man sich natürlich Zeit nehmen und sich einlesen, zum Beispiel bei dem unabhängigen Geldratgeber Finanztip. Aber das ist alles kein Hexenwerk. Und das Risiko ist kalkulierbar, wenn man sich für einen weltweit anlegenden ETF entscheidet und diesen 15 Jahre lang hält. Wer sich trotzdem eine Ansprechperson wünscht, sollte es bei der Verbraucherzentrale oder unabhängigen Honorarfinanzberatern versuchen.
Meine Entscheidung Pro ETF ist gefallen. Wie kaufe ich denn jetzt?
Du hast dein kostenloses Depot bei deiner Direktbank oder einem Online-Broker eröffnet? Und willst einmalig Aktien kaufen? Dann kannst du jetzt auf der Benutzeroberfläche in deinem Wertpapierdepot nach dem ETF suchen, den du dir rausgesucht hast. Jeder ETF hat eine einmalige Wertpapier-Identifikationsnummer, die ISIN oder die Kennnummer WKN. Wenn du die ins Suchfeld deines Depots eingibst, wird dir dein Wunsch-ETF angezeigt. Anschließend erscheint eine Übersichtsseite zum ETF und ein Button, der dich zum Kauf auffordert. Dort drauf geklickt, wird dir die Ordermaske angezeigt. Dort kannst du den Handelsplatz eingeben und wie viele Fondsanteile du haben möchtest. Am Besten kaufst du bei dem Direkthändler mit dem niedrigsten Kaufpreis und nicht an Börsenplätzen. Die gängigsten Direkthändler sind Tradegate, Lang & Schwarz, aber auch die Baader Bank oder die Commerzbank. Und kaufe und verkaufe grundsätzlich nur, wenn die Börsen geöffnet haben, also unter der Woche zwischen 9 und 17.30 Uhr, nicht an den Wochenenden oder Feiertagen. Denn sonst zahlst du unter Umständen mehr.
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Was gilt es noch zu beachten?
Manchmal gibt es bei den Brokern oder Direktbanken besonders günstige Konditionen, etwa wenn du dich für einen bestimmten Handelsplatz beim Kauf entscheidest. Also ruhig nach Sonderangeboten schauen. Beim Einmalkauf kann es auch nicht schaden, ein sogenanntes Limit zu setzen, wenn man doch an Börsenplätzen handelt. Dahinter verbirgt sich ein Kurs, zu dem du höchstens bereit bist zu kaufen oder mindestens zu verkaufen. Kaufst du beim Direkthändler, wird dein Kauf sofort zu dem dort angegebenen Kurs ausgeführt, sofern der Händler die Fondsanteile vorrätig hat. Andernfalls wird die Transaktion abgebrochen. Kaufst du bei Börsenplätzen wie Xetra kann das anders sein. Um sicher zu sein, dass du nicht zu viel zahlst, falls der Preis kurzfristig stark schwankt, hilft ein Limit setzen.